Politik

Oppositionsanhänger vertreiben Radikale aus Ministerium Ex-Präsident warnt vor Bürgerkrieg

Mittlerweile schrecken beide Seiten nicht mehr vor Gewalt zurück - dieser vermummte Demonstrant steht am Rande des Maidan Wache.

Mittlerweile schrecken beide Seiten nicht mehr vor Gewalt zurück - dieser vermummte Demonstrant steht am Rande des Maidan Wache.

(Foto: AP)

Leonid Krawtschuk wähnt die Ukraine "am Rande eines Bürgerkriegs." Während der Ex-Präsident in einer emotionalen Ansprache für eine friedliche Lösung plädiert, bekämpfen sich die Regierungsgegner untereinander.

Nach dem Rücktritt der Regierung hat das ukrainische Parlament über weitere Zugeständnisse an die Opposition beraten. Ex-Präsident Leonid Krawtschuk rief zu Beginn der Sitzung die Abgeordneten auf, einen Plan für eine Lösung des Konflikts auszuarbeiten, da sich das Land "am Rande eines Bürgerkriegs" befinde. Oppositionsanhänger vertrieben derweil mit Gewalt radikalere Regierungsgegner aus einem besetzten Ministerium in Kiew.

"Es gibt parallele Autoritäten im Land und de facto einen Aufstand", sagte Krawtschuk in seiner emotionalen Ansprache mit Blick auf die Übernahme der Staatsgewalt in manchen Landesteilen durch die Opposition. "Es ist eine Revolution. Es ist eine dramatische Situation, in der wir mit größter Verantwortung handeln müssen", sagte Krawtschuk, der der erste Präsident nach der Unabhängigkeit der Ukraine von der Sowjetunion 1991 war.

Krawtschuk, der sich seit Wochen bei Gesprächen am Runden Tisch um eine Lösung des Konflikts bemüht, rief dazu auf, die Spannungen zu reduzieren und einen Plan zur Beilegung der Krise zu auszuarbeiten. Auch am Mittwoch gab es Gespräche zwischen Vertretern von Regierung und Opposition, wie Vize-Regierungschef Sergej Arbuzow sagte, der seit dem Rücktritt von Ministerpräsident Mykola Asarow vorübergehend die Regierungsgeschäfte führt.

Die Gespräche über eine Amnestie für Demonstranten, die bei den wochenlangen Protesten gegen Präsident Viktor Janukowitsch festgenommen wurden, gestalteten sich aber schwierig. Die Sitzung des Parlaments wurde kurz nach ihrem Beginn unterbrochen. Schon am Vorabend war eine Abstimmung über die Amnestie gescheitert, da die Regierung im Gegenzug verlangt, besetzte Straßen und Regierungsgebäude zu räumen. Die Opposition lehnt diese Bedingung ab.

"Freiheit" gegen "Gemeinsame Sache"

Mit Knüppeln bewaffnete Anhänger der rechten Partei Swoboda (Freiheit) zwangen jedoch vermummte Mitglieder der radikalen Gruppe Spilna Sprawa (Gemeinsame Sache), das seit Tagen besetzte Landwirtschaftsministerium zu verlassen. Ein AFP-Reporter berichtete, sie wollten verhindern, dass die Besetzung die Verhandlungen belastet. Das Fernsehen berichtete über mehrere Verletzte bei Zusammenstößen zwischen beiden Gruppen, doch konnte dies nicht bestätigt werden.

Sonst war es in Kiew weitgehend ruhig, nachdem das Parlament am Dienstag als Zugeständnis an die Opposition die umstrittenen Gesetze annulliert hatte, mit denen vor zwei Wochen die Versammlungsfreiheit massiv eingeschränkt worden war. Die inhaftierte frühere Ministerpräsidentin Julia Timoschenko begrüßte die Zugeständnisse, bezeichnete sie aber als unzureichend.

Nachdem Ministerpräsident Asarow zurückgetreten war, wurde diskutiert, ob der Unternehmer und frühere Außenminister Petro Poroschenko als Kompromisskandidat das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen könnte. Er hat Verbindungen zu beiden Seiten.

Russlands Präsident Wladimir Putin kündigte derweil an, mit der vollständigen Auszahlung der Milliardenhilfen an die Ukraine zu warten, bis eine neue Regierung im Amt ist. Moskau hatte Kiew im Dezember 15 Milliarden Dollar (knapp elf Milliarden Euro) sowie gesenkte Energiepreise zugesagt, nachdem die Ukraine darauf verzichtete, ein Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union zu unterzeichnen.

EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton bemühte sich in Kiew erneut um Vermittlung zwischen beiden Seiten. US-Vizepräsident Joe Biden drängte Janukowitsch bei einem Telefonat, den Dialog mit der Opposition fortzusetzen.

Quelle: ntv.de, jve/AFP

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