Letzte Zuckungen vor Europawahl FDP greift alle an
10.05.2014, 18:27 UhrDie FDP ist von der Bildfläche verschwunden: Raus aus dem Bundestag, in derzeitigen Umfragen bei drei bis vier Prozent - also noch weniger als vor acht Monaten. Im Europawahlkampf bezeichnen die Redner der FDP die anderen Parteien als Versager.
Mit kämpferischen Tönen hat FDP-Chef Christian Lindner seine in den Umfragen schwächelnde Partei auf die heiße Phase des Europawahlkampfs eingestimmt. In ungewöhnlich scharfen Worten rückte Lindner in seiner Rede vor den mehr als 660 Delegierten des Dresdner Parteitags die europakritische AfD in die Nähe der rechten Republikaner. Der Großen Koalition warf er Versagen vor.
Nach ihrem historischen Ausscheiden aus dem Bundestag vor gut acht Monaten hatte sich die FDP unter Führung Lindners personell neu aufgestellt. Die Europawahl gilt als erste Bewährungsprobe. Mit Umfragewerten von drei bis vier Prozent muss sich die FDP allerdings auf Verluste einstellen.
Lindner räumte in seiner Rede ein, dass der FDP nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag noch ein schwieriger Weg bevorstehe. Nach einer Phase der Orientierung werde die Partei nun wieder in die Offensive gehen. Die FDP-Anhänger rief er auf, "mit Selbstbewusstsein und Souveränität" in die kommenden Wahlkämpfe zu gehen. Die FDP werde keine Wahl verloren geben und "die Phase der außerparlamentarischen Opposition überwinden".
"Republikaner reloaded"
Einen offensiven Ton schlug der Parteichef dann in Bezug auf die politischen Gegner an und nahm dabei besonders die AfD aufs Korn. Deren Programm sei in Wahrheit "Republikaner reloaded", sagte er mit Blick auf Parallelen bei Forderungen nach dem "Selbstbestimmungrecht der Deutschen" und in der Ablehnung von Zuwanderung.
Seine FDP positionierte Lindner als proeuropäische Kraft. Er kritisierte andere Parteien, die mit "Opportunismus" auf das Auftauchen der AfD geantwortet und ihre "europapolitischen Gerichte mit einer Prise Skepsis" gewürzt hätten. Die Krise in der Ukraine habe den Blick auf Europa geändert, sagte Lindner. Im Zuge der Finanzkrise hätten manche gefordert, in der EU oder der Währungsunion wieder getrennte Wege zu gehen. "Wenn es dazu gekommen wäre, wo stünden wir dann angesichts dieser Herausforderung?"
Die Sozialdemokraten "sind die Zocker"
Lindner griff auch die Große Koalition scharf an, die nach dem Motto "Was kostet die Welt?" mit der milliardenteuren Rente mit 63 in die Sozialkassen greife und damit den Generationenvertrag gefährde. Mit ihren Ausgabeplänen wette Rot-Schwarz auf niedrige Zinsen und gutes Wachstum, kritisierte Lindner: "Die SPD hat immer auf die Zocker in der Finanzwelt geschimpft, jetzt sitzen die Zocker in der Regierung." In einem mit großer Mehrheit verabschiedeten Antrag sprach sich die FDP dafür aus, dass Beschäftigte künftig ab 60 selber entscheiden sollen, wie viel und wie lange sie noch arbeiten wollen.
Nach seinen anderthalbstündigen Ausführungen erhielt Lindner kräftigen, aber kurzen Applaus. Die Delegierten berieten später in Arbeitsgruppen darüber, wie die FDP durch neue Mitwirkungsmöglichkeiten und aktivere Kommunalpolitik aus der Krise kommen kann. Lindner hatte zuvor in einem Schreiben an die Führungskräfte der Partei deutlich gemacht, dass nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag "mehr denn je" die persönliche Überzeugungskraft vor Ort entscheide.
Quelle: ntv.de, ppo/AFP/dpa