Kritik an Paus' Gesetzentwurf FDP vermisst "Realismus" bei Kindergrundsicherung
17.06.2024, 03:57 Uhr Artikel anhören
SPD und FDP fordern Familienministerin Paus zum Nacharbeiten auf.
(Foto: picture alliance / epd-bild)
Die Bundesfamilienministerin will die Kindergrundsicherung zum 1. Januar starten, doch die Koalitionspartner zerpflücken den vorliegenden Gesetzentwurf. Ein SPD-Experte glaubt nicht mehr, dass das Prestigeprojekt der Grünen in einem Rutsch eingeführt wird.
Im Ringen der Ampel um die geplante Kindergrundsicherung bekräftigen SPD und FDP ihre Vorbehalte gegen die Vorschläge von Familienministerin Lisa Paus von den Grünen. "Es ist klar geworden, dass der aktuelle Gesetzesentwurf in seiner vorliegenden Fassung nicht tragfähig ist", sagte SPD-Fraktionsvize Sönke Rix der "Rheinischen Post". Die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP verhandelten derzeit intensiv. "Aufgrund der Komplexität des Vorhabens und der zahlreichen Fallstricke kommen wir nicht umhin, die Kindergrundsicherung in mehreren Schritten einzuführen."
Die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Gyde Jensen sagte, die Verhandlungen gestalteten sich so komplex, weil Paus "lediglich mit einer groben Idee" in den politischen Prozess gestartet sei. "Erst haben wir über unrealistische Summen diskutiert, danach über unnötige Strukturen und erst langsam sprechen wir endlich über die Instrumente, die zur Überwindung von Kinderarmut beitragen könnten." Es gebe wohl kaum ein politisches Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag, "bei dem wir so mühsam vorankommen - insbesondere weil die Kompromissbereitschaft und notwendiger Realismus fehlen", sagte Jensen.
Paus plant Start im Januar
Der SPD-Familienpolitiker Rix argumentierte, die Parlamentarier sähen sich in der Verantwortung, "alternative Lösungsvorschläge zu diskutieren und zu erarbeiten". Der Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung befindet sich seit Monaten im parlamentarischen Verfahren. Das Bundeskabinett hatte den Entwurf im vergangenen Herbst beschlossen, seitdem sind aber viele Fragen offen geblieben und immer wieder streitet die Ampel auch öffentlich über Details. Nach dem Willen von Paus soll das Projekt zum 1. Januar 2025 kommen. Ob das gelingt und in welcher Form, ist derzeit völlig offen.
Die Kindergrundsicherung ist das soziale Prestigeprojekt der Grünen. Mit der Sozialreform sollen bisherige Leistungen wie das Kindergeld, Leistungen aus dem Bürgergeld für Kinder oder der Kinderzuschlag gebündelt werden. Das Kabinett hatte den Entwurf bereits im vergangenen Herbst beschlossen. Knackpunkte sind insbesondere die Umsetzung, der nötige Stellenbedarf und die Anreize, die durch das neue System gesetzt werden könnten.
Die FDP befürchtet, dass es durch die Kindergrundsicherung für ärmere Familien weniger attraktiv werden könnte, einer Erwerbsarbeit nachzugehen. Bessere Hebel gegen Kinderarmut seien Kita-Plätze, bessere Förderung in den Schulen, Sprachförderung und Jobs für die Eltern, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner kürzlich den Funke-Zeitungen.
Quelle: ntv.de, ino/dpa