Neonazis als Leibwächter Friedman verlangt Aufklärung
14.03.2007, 14:30 UhrDie hessische Polizei hat den ehemaligen Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Michel Friedman, offenkundig Leibwächtern mit rechtsextremer Gesinnung anvertraut. Das Innenministerium in Wiesbaden bestätigte am Mittwoch mehrere Straf- und Disziplinarverfahren gegen Beamte des Frankfurter Präsidiums wegen Verwendung verbotener Nazi-Symbole. Den Angaben zufolge wurden alle verdächtigen Personenschützer von Friedman abgezogen.
Der Verdacht rechtsextremer Umtriebe gegen die Leibwächter entstand laut Innenministerium im Zuge eines Untreueverfahrens. Die Polizisten sollen mittels Falschabrechnungen bei Überstunden und Dienstreisen betrogen haben. Ein Beamter wurde dem Ministerium zufolge suspendiert, zwei weitere müssen damit rechnen.
Friedman sprach von außerordentlich ernsten Vorwürfen und forderte umfassende Aufklärung. "Das ist für mich erschütternd: Man muss sich vorstellen, dass diese Herren mich eigentlich vor Nazis beschützen sollten, deren Geisteshaltung sie selbst hatten", sagte er in einem Fernsehinterview.
In SS-Uniform fotografiert
Bei einem Verdächtigen wurde nach Angaben der Frankfurter Staatsanwaltschaft auf seinem Computer das verbotene Horst-Wessel-Lied gefunden, die frühere Hymne der NSDAP. Ein anderer habe sich in SS-Uniform fotografieren lassen, sagte ein Sprecher. Zudem sei eine Urkunde "im Namen des Führers" für "besondere Dienste bei der Standarte M. F." - die Initialen Friedmans - gefunden worden. Die Verfahren gegen zwei Beamte seien wegen Geringfügigkeit eingestellt worden. Einer von ihnen hatte demnach Lieder aus der Neonazi-Szene auf seinem Rechner gespeichert und diese öffentlich zugänglich gemacht. Im Fall des Polizisten, der das Horst-Wessel-Lied auf seinem Computer gespeichert hatte, dauerten die Ermittlungen an.
Friedman hielt den Ermittlern zögerliches Agieren vor. Von einem Kavaliersdelikt könne nicht die Rede sein. "Denn wenn wir zu Recht junge Menschen bestrafen, wenn sie sich für Hitler begeistern, dann muss dies für Polizeibeamte erst recht gelten." Das Innenministerium wies die Vorwürfe zurück. Die Polizei habe sofort gehandelt, sagte Ressortsprecher Michael Bußer. Die Staatsanwaltschaft sprach von "flotten Ermittlungen".
Ermittlungen 2005 eingeleitet
Keiner der fraglichen Beamten werde noch als Personenschützer der Frankfurter Polizei eingesetzt, betonte Bußer. Die Polizei habe nichts zu verbergen und "entsprechende Sachverhalte aufgedeckt, aufgeklärt und der Staatsanwaltschaft zugeleitet". Die Ermittlungen wegen Untreue seien im Sommer 2005 eingeleitet worden.
Der Fall zeige deutlich, dass Rassismus, Antisemitismus und Neonazismus nicht nur Themen "von Skinheads und der Straße" seien, sondern in allen Berufs- und Einkommensgruppen Fuß gefasst hätten, betonte Friedman. Er forderte Aufklärung darüber, wieso bei den Überprüfungen der Leibwächter deren rechter Hintergrund nicht aufgefallen sei.
Quelle: ntv.de