Politik

"Das darf nicht passieren" Friedrich will Schaden begrenzen

Die Verfassungsschutzaffäre ist mit dem Abschied ihres Spitzenmannes Fromm längst nicht ausgestanden. Minister Friedrich will weitere Konsequenzen ziehen. Es werden Forderungen laut, der ganze Apparat müsse reformiert werden.

Friedrich fordert Konsequenzen, wird aber nicht konkret.

Friedrich fordert Konsequenzen, wird aber nicht konkret.

(Foto: dapd)

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat eine grundsätzliche Überprüfung der Arbeitsweise des Verfassungsschutzes angekündigt. Man müsse prüfen, ob Aufbau und Arbeitsweise noch zeitgemäß seien, sagte der CSU-Politiker im Deutschlandfunk. Die Versäumnisse der Behörde bei den Ermittlungen der Neonazi-Mordserie müssten aufgeklärt werden.

Vor allem die hätte das Vertrauen der Abgeordneten und der Öffentlichkeit erschüttert. "Es darf natürlich das, was passiert ist, nicht passieren. Deswegen muss es da auch Konsequenzen geben", sagte Friedrich. Im Verfassungsschutz waren unmittelbar nach Bekanntwerden der Mordserie der Zwickauer Neonazi-Zelle Akten über V-Leute unter Rechtsextremisten vernichtet worden. Als Konsequenz daraus hatte der gebeten.

Nachfolger oder kein Nachfolger?

Am Donnerstag wird er dem Bundestags-Untersuchungsausschuss Rede und Antwort stehen. Der Ausschuss kommt bereits heute zu einer Sitzung zusammen. Ein Nachfolger steht nach den Worten Friedrichs noch nicht fest. Über Personal zu reden sei "jetzt noch viel zu früh", sagte er dem Deutschlandfunk. Berichten zufolge könnte Fromms Vize Alexander Eisvogel nach dessen Rückzug am 31. Juli das Amt zunächst kommissarisch leiten.

Im Bundesinnenministerium wird nach Informationen der "Berliner Zeitung" auch erwogen, den Präsidentenposten vorerst nicht wieder zu besetzen. Demnach könnte damit gewartet werden, bis die gesamte Affäre um die Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" aufgeklärt sei, berichtet das Blatt unter Berufung auf führende Unionskreise. Wie die Nachrichtenagentur dpa aus Sicherheitskreisen erfuhr, könnte das Bundesamt für Verfassungsschutz "für gewisse Zeit" ohne Präsidenten oder ohne Vizepräsidenten geführt werden.

Misstrauen allerorten

Friedrich sagte, das Vertrauen in den Verfassungsschutz sei erschüttert. Die Behörde sei ja nicht für sich selbst da, sondern für die Information der Abgeordneten als Vertreter der Bevölkerung. Man müsse die Vorgänge im Verfassungsschutz "sehr kritisch anschauen". Da gebe es Änderungsbedarf.

Der Vorsitzende des Neonazi-Untersuchungsausschusses, Sebastian Edathy, warf dem beteiligten Militärischen Abschirmdienst (MAD) Behinderung bei der Aufklärung vor. Der MAD weigere sich, dem Untersuchungsausschuss Akten zukommen zu lassen. "So geht es jedenfalls nicht", sagte der SPD-Politiker in der ARD. "Ich habe schon den Eindruck, wir werden da ein bisschen behindert bei der Aufklärung."

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, schlug sogar vor, "über die Abschaffung des Verfassungsschutzes nachzudenken". Ähnlich hatte sich der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir geäußert. "Der Verfassungsschutz auf Bundes- und Landesebene gehört komplett auf den Prüfstand", sagte Özdemir dem "Hamburger Abendblatt".

Vertuschen, vernichten, verschweigen

Vergangene Woche war bekanntgeworden, dass der Verfassungsschutz unmittelbar nach Aufdeckung der Neonazi-Mordserie im November Akten zum Einsatz von V-Leuten in der rechtsextremen Szene vernichtet hatte. Zudem soll der Inlandsgeheimdienst vom italienischen Staatsschutz bereits 2003 Hinweise auf die mögliche Existenz von Terrorzellen erhalten haben.

Der rechtsextremistische Hintergrund der Morde war erst nach zehn Jahren und durch Zufall bekanntgeworden, als nach dem Selbstmord von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos Anfang November in der Wohnung des Zwickauer Trios die Tatwaffen und ein Bekenner-Video gefunden wurden. Beate Zschäpe, die ebenfalls dem Trio angehörte, stellte sich der Polizei.

Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP

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