Politik

Nasarbajew-Abstimmung in Kasachstan "Führer der Nation" steht vor Wiederwahl

"90 Prozent plus X" ist das Ziel.

"90 Prozent plus X" ist das Ziel.

(Foto: dpa)

Kasachstans autoritärer Staatschef Nasarbajew will sich bei vorgezogenen Präsidentenwahlen im Amt bestätigen lassen. Gegner haben in dem rohstoffreichen Steppenstaat in Zentralasien keine Chance. Der Westen schätzt die Stabilität in der Ex-Sowjetrepublik.

Der seit mehr als 20 Jahren mit harter Hand regierende kasachische Staatschef Nursultan Nasarbajew strebt bei der vorgezogenen Präsidentenwahl einem neuen haushohen Sieg entgegen. "90 Prozent plus X" formulieren Nasarbajews Getreue selbstbewusst als Ziel. Die Abstimmung in der Ex-Sowjetrepublik dient nach Ansicht von Beobachtern einzig dem Machterhalt des 70-Jährigen. "De jure gibt es Wahlen in Kasachstan, doch de facto ist es ein Referendum", sagt sogar Nasarbajews Berater Jermuchamet Jertysbajew.

Ursprünglich wollte sich der autoritäre Präsident sogar per Volksentscheid bis 2020 ohne Wiederwahl im Amt bestätigen lassen. Wahlen seien Geldverschwendung, weil ohnehin Nasarbajew gewinne, argumentierten seine Unterstützer. Erst nach Kritik aus dem Westen, darunter auch der deutschen Regierung, setzte der Staatschef doch Neuwahlen in dem zentralasiatischen Steppenstaat an. Er wolle die Gesellschaft nicht spalten, lautete seine Begründung.

Nachfolger nicht in Sicht

Zuvor hatte sich Nasarbajew bereits zum "Führer der Nation" ernennen lassen, lebenslange Straffreiheit für sich und seine Familie inklusive. Ein Nachfolger ist in dem öl- und gasreichen Land noch nicht in Sicht, auch weil Nasarbajew nach Einschätzung von Beobachtern Angst vor potenziellen Rivalen in den eigenen Reihen hat.

Da die zerstrittene Opposition die Wahl boykottiert, treten außer dem Staatschef nur drei Zählkandidaten an. Sie machen aus ihrer regierungsfreundlichen Gesinnung keinen Hehl. Wahlplakate von ihnen sind rar, landesweit lächelt fast nur der Präsident überlebensgroß von Postern und Fassaden. "Nasarbajew-Wahlen" nennt der Oppositionspolitiker Wladimir Koslow die Abstimmung.

Nasarbajews Gegner haben eine regierungsfreundliche Gesinnung. Wahlplakate von ihnen sind rar.

Nasarbajews Gegner haben eine regierungsfreundliche Gesinnung. Wahlplakate von ihnen sind rar.

(Foto: dpa)

Menschenrechtler werfen dem Staatschef die Verletzung von Grundrechten und Unterdrückung Andersdenkender sowie Korruption und Vetternwirtschaft vor. Noch immer sitzt etwa der Regierungskritiker Jewgeni Schowtis im Gefängnis - der Richterspruch zu vier Jahren Straflager wegen eines tödlichen Verkehrsunfalls war international als stark überzogen kritisiert worden. Beobachter fühlen sich im neuntgrößten Flächenstaat der Erde an eine Diktatur erinnert.

Kritische Webseiten gesperrt

Mit Hilfe westlicher PR-Berater, auch in Berlin, will das Regime seine Erfolge präsentieren. In Pressemitteilungen ist die Rede von einer "multi-ethnischen und multi-religiösen Nation auf den Grundpfeilern von Toleranz und Harmonie". Regierungsgegner schimpfen hingegen über Einschüchterungen durch die Behörden.

Seit einigen Tagen fehle vom Chefredakteur der kritischen Zeitung "Respublika" jede Spur, erzählen Mitarbeiter. Kritische Internetseiten seien in Kasachstan gesperrt. Nach Einschätzung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) haben Wahlen in Kasachstan noch nie demokratische Standards erfüllt.

Währenddessen lobt das Staatsfernsehen Nasarbajews Verdienste in höchsten Tönen. Die wirtschaftliche Bilanz spricht in der Tat für den Amtsinhaber. Experten gehen davon aus, dass Nasarbajew auch eine freie und faire Wahl unter den etwa 16 Millionen Kasachen deutlich gewinnen würde.

Kaum politische Bedenken

Gewaltige Vorräte an Öl und Gas machen Kasachstan reich. Wegen des relativen Wohlstandes ist die Unzufriedenheit deutlich geringer als in unruhigen zentralasiatischen Ländern wie Kirgistan - eine Eskalation wie in Nordafrika scheint derzeit ausgeschlossen. Diese Stabilität schätzt auch der rohstoffhungrige Westen. Politische Bedenken sind wohl auch deshalb kaum zu hören.

Im Gegenteil: Kasachstan durfte im vergangenen Jahr sogar das erste OSZE-Gipfeltreffen seit mehr als zehn Jahren ausrichten. Warnungen von Menschenrechtlern vor einer Aufwertung des Regimes verhallten. Vielmehr reisten auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Außenministerin Hillary Clinton nach Astana. Seine Hauptstadt hat Nasarbajew dank Milliarden von Petrodollars zu einer futuristisch-bizarren Steppen-Metropole geformt.

Geht es nach Nasarbajews Partei Nur Otan, die derzeit alle Sitze im Unterhaus hält, bliebe der Staatschef ohnehin für immer im Amt. "Es kann keine zweite Sonne am Himmel geben, und heute kann es in Kasachstan keinen anderen Präsidenten geben als Nursultan Nasarbajew", sagt der Abgeordnete Wladimir Nechoroschew.

Quelle: ntv.de, Benedikt von Imhoff, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen