Rentenabstimmung am FreitagFür Spahn läuft es auf den 12-Uhr-Mittags-Moment hinaus
Von Volker Petersen
Nach der Fraktionssitzung greift die Zuversicht in der Unionsfraktion um sich. Die allermeisten Abgeordneten haben signalisiert, für das umstrittene Rentenpaket zu stimmen. Doch weiterhin ist Luftanhalten angesagt.
Wenn diese Woche erfolgreich für die schwarz-rote Koalition zu Ende geht, dann könnte dieser Dienstag die entscheidende Wegmarke gewesen sein. Wenn am Freitag das Rentenpaket von Union und SPD beschlossen werden sollte, dann wäre die Fraktionssitzung von CDU und CSU der Moment gewesen, an dem der monatelange Streit zu Ende gegangen ist. Danach sieht es jetzt aus. Doch noch ist die Woche nicht zu Ende.
Festhalten kann man schon jetzt: Nach der Sitzung der Unionsfraktion wächst die Zuversicht, dass die eigenen Abgeordneten weitestgehend dem Rentenpaket zustimmen werden. Während der Sitzung holte Fraktionschef Jens Spahn ein Meinungsbild ein. Mit Handzeichen sollten die Abgeordneten deutlich machen, ob sie für ein Ja zum Rentenpaket sind. Die Zustimmung war sehr groß.
Für die "Rentenrebellen" gilt damit: Eigentlich müssten sie jetzt klein beigeben. Denn so funktioniert das im Bundestag: Eine Fraktion stimmt zunächst für sich darüber ab, wie sie abstimmen möchte. Ist die Mehrheit eindeutig, sollen sich die Abgeordneten mit anderen Meinungen fügen. Damit am Ende, wenn es im Bundestag darauf ankommt, die Fraktion geschlossen dem jeweiligen Gesetz zustimmt - oder es ablehnt.
Zweifel immer noch angebracht
Doch das sind letztlich nur Gepflogenheiten, das Übliche, nicht aber starre Regeln. Letztlich dürfen die Abgeordneten so abstimmen, wie sie wollen. Sie haben ein freies Mandat, Fraktionsdisziplin hin oder her. Natürlich wird das nur in Ausnahmefällen geltend gemacht, insbesondere bei Gewissensentscheidungen. Ob die Rentenfrage so ein Fall ist? Eher nein. Aber eines ist auch klar: Der Zug der Gepflogenheiten ist schon lange abgefahren.
So zuversichtlich die Unionsführung nun sein mag - so wie der unionsinterne Streit hochgekocht ist, sind Restzweifel weiter angebracht. Das Meinungsbild in der Fraktion ist keineswegs einstimmig. Genau nachgezählt wurde nicht, aber deutlich: Es gibt nach wie vor eine niedrige zweistellige Zahl an Wackelkandidaten. Allen voran sind das Johannes Winkel, der Chef der Jungen Union und Pascal Reddig, der Vorsitzende der Jungen Gruppe. Winkel hat schon gesagt, er werde nicht zustimmen, Reddig könnte ihm folgen.
Wer tatsächlich nicht mitstimmen will, soll sich nun bis Mittwoch, 12 Uhr, bei Spahn melden. Das kann man sich in etwa wie in dem Western ähnlichen Namens vorstellen. Bis zum High Noon, wartet Spahn, allerdings ohne Cowboyhut und Revolver, darauf, dass die Rebellen bei ihm auftauchen. Melden sich dann nur Winkel und Reddig, muss er davon ausgehen, dass alle anderen an Bord sind. Zwei Nein-Stimmen wären zu verkraften, da Union und SPD auf zwölf Stimmen verzichten könnten.
Tatsächlich zwölf Uhr mittags
Wer sich nicht meldet und dann am Freitag doch gegen die Fraktion stimmt, wäre bei den Kollegen wohl unten durch. Es ist Ehrensache, mit offenen Karten zu spielen und die Fraktion nicht ins offene Messer einer gescheiterten Abstimmung laufen zu lassen. Da am Freitag eine namentliche Abstimmung geplant ist, wird auch bekannt, wer wie abgestimmt hat. Insofern ist Mittwoch, zwölf Uhr mittags, ein belastbarer Termin.
Die Statuten der Unionsfraktion hätten es den Abweichlern erlaubt, noch bis Donnerstag, 17 Uhr, damit zu warten, ihre Fraktionsführung zu informieren. Doch Spahn sagte vor der Fraktionssitzung, er wolle es gern etwas früher wissen. Verständlich - denn die Union will die Abstimmung endlich hinter sich bringen, sie nicht mit ins neue Jahr schleppen. Wenn auch nach dieser Fraktionssitzung die Mehrheit nicht sicher sein wollte, möchte man das nicht erst am Abend vor der Abstimmung im Bundestag wissen.
Und wenn es am Mittwoch immer noch zu viele Abweichler gäbe - tja, was dann? Spahn und alle anderen weichen der Frage beharrlich aus. Es könnte der Moment werden, über den man im Rückblick sagt: Da war das Paket schon gescheitert.