"Bild bleibt ein zwiespältiges" Gabriel: Schröder ohne Selbstkritik kein großer Kanzler
06.04.2024, 08:56 Uhr Artikel anhören
Sigmar Gabriel (r) war Bundesumweltminister unter Kanzler Gerhard Schröder.
(Foto: imago/localpic)
Vor seinem 80. Geburtstag wettert Gerhard Schröder gegen die SPD. Seine Partei habe den Kompass verloren. Von fehlenden Dingen beim Altkanzler spricht allerdings auch Ex-SPD-Chef Gabriel - und bezieht sich dabei auf dessen Haltung zu Russland.
Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel hat anlässlich des 80. Geburtstags seines Parteikollegen Gerhard Schröder ein zwiespältiges Urteil über den Ex-Kanzler gefällt. Ohne dessen Nähe zu Russland und den russischen Präsidenten Wladimir Putin wären zu Schröders rundem Geburtstag an diesem Sonntag große Reden über ihn gehalten worden, sagte Gabriel dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
"Wenn sein Verhältnis zu Russland ein selbstkritisches gewesen wäre, wäre er im Rückblick ein wirklich großer Kanzler gewesen, der viel bewirkt hat", urteilte Gabriel. "Aber so bleibt das Bild ein zwiespältiges."
In den 1990er-Jahren habe Schröder die SPD "aus ihrem Dornröschenschlaf geholt und in die Mitte der Gesellschaft geführt", hob Gabriel hervor. Ferner habe er Deutschland in einen Kriegseinsatz in Afghanistan geführt, aber vor einem Kriegseinsatz im Irak bewahrt. "In jedem Fall bleibt ein polarisierendes Bild von Schröder", sagte Gabriel.
Der Altkanzler hatte zuvor seine Partei heftig kritisiert. "Was mich wirklich traurig macht, ist die Provinzialität der gegenwärtigen Führungsfiguren", sagte Schröder der "Süddeutschen Zeitung". "Das ist doch nicht die SPD. Wenn ich bei 15 Prozent gewesen wäre, wäre ich sofort zurückgetreten." Er kritisierte, die SPD sei mal eine Partei gewesen, die sich um die arbeitende Mitte gekümmert habe. "Heute kümmert sie sich eher um die Sozialhilfeempfänger." Er fuhr fort: "Viele Leute bekommen den Eindruck, die kümmern sich in Berlin mehr um Gendern, Cannabis und solche Sachen. Meine Partei hat da den Kompass verloren."
Schröder war von 1998 bis 2005 Bundeskanzler. Wegen seiner Lobbytätigkeit für russische Energiekonzerne und seiner persönlichen Nähe zu Kreml-Chef Putin steht er auch innerhalb der SPD in der Kritik. Mehrere Ortsverbände der Partei, deren Vorsitzender er von 1999 bis 2004 war, strebten einen Ausschluss Schröders an, scheiterten damit aber an der Schiedskommission des Unterbezirks Hannover.
Gabriel, der seine politische Karriere wie Schröder in Niedersachsen begonnen hatte, war unter Schröder Bundesumweltminister. Unter dessen Nachfolgerin Angela Merkel wurde er Bundeswirtschaftsminister und schließlich Außenminister.
Quelle: ntv.de, mba/AFP