Politik

Streit um Klimaziele Gabriel attackiert USA

Mit Gesprächen bis zur allerletzten Minute will die Bundesregierung den G8-Gipfel von Heiligendamm trotz hartnäckigen Widerstandes der USA zu einem Erfolg beim Klimaschutz führen. Während Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Wochenende für eine Vorreiterrolle der großen Industriestaaten im Kampf gegen den Klimawandel warb, ging Umweltminister Sigmar Gabriel auf Konfrontationskurs zur Regierung in Washington. "Wenn sie wirklich blockieren wollen, dann muss klar werden, wer dafür die Verantwortung trägt", sagte der SPD-Politiker der "Saarbrücker Zeitung". Außenminister Frank-Walter Steinmeier erhofft noch Annäherungen bis zum Gipfel-Start am 6. Juni.

Er sei dafür, strittige Punkte beim Thema Klimaschutz "zur Not bis in die Gespräche in Heiligendamm offen zu halten", sagte Gabriel. Dann müssten am Ende die Staats- und Regierungschefs selbst Farbe bekennen. In der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" hatte Gabriel sich noch diplomatischer ausgedrückt: "Die Verhandlungen werden mehr als schwierig. In den zentralen Fragen des Klimaschutzes scheinen bisher vor allem die Amerikaner nicht bewegungsbereit zu sein." Mit der Präsidentin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, war sich Gabriel in einem Gespräch am Montag einig, dass die US-Öffentlichkeit beim Klimaschutz weiter sei als die Regierung Bush.

Weiteres Treffen

Nach übereinstimmenden Medieninformationen soll es diese Woche ein zusätzliches Klimaschutz-Treffen der G8-Chefunterhändler geben. Merkel will sich unmittelbar vor dem am 6. Juni beginnenden Gipfel mit US-Präsident George W. Bush zu einem Mittagessen treffen. Insgesamt wurden die Klima-Verhandlungen in der Bundesregierung als schwierig bezeichnet - sie seien aber keineswegs gescheitert. Bislang weigere sich die US-Regierung nach wie vor, konkrete Ziele für die Reduktion von Treibhausgasen mitzutragen.

Außenminister Steinmeier erwartet in Heiligendamm harte Verhandlungen: "Ich gehe davon aus, dass gerungen wird bis zur letzten Minute", sagte er in Hamburg am Rande eines Treffens der Außenminister der EU mit ihren Kollegen aus 16 asiatischen Staaten. Es gebe "unterschiedliche Ansichten diesseits und jenseits des Atlantiks".

China: "Überlebens-Emissionen"

Auch China bleibt im Streit um den Klimaschutz hart und sieht vor allem die westlichen Industriestaaten in der Pflicht, den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern. "Gestatten Sie mir, darauf hinzuweisen, dass der gegenwärtige Stand des Klimawandels nicht zurückzuführen ist auf die Entwicklungsländer und das, was sie getan haben", sagte Chinas Außenminister Yang Jiechi nach einem Gespräch mit Steinmeier.

Diplomaten zufolge argumentierte Yang, es gebe "Luxus-Emissionen, normale Emissionen und Überlebens-Emissionen": "Unsere Emissionen sind für unser Überleben wichtig." Steinmeier sagte hingegen, es handele sich bei der Klimadiskussion um "einen Bereich, bei dem wir unzweifelhaft in gemeinsamer Verantwortung stehen".

Bei der Gipfel-Vorbereitung waren vorige Woche zwischen Berlin und Washington gravierende Verstimmungen aufgetreten. In einem Vorspann zur Beschreibung der US-Position für das G8-Abschlussdokument hieß es: "Die Behandlung des Klimawandels läuft unserer allgemeinen Position zuwider und überschreitet 'rote Linien' bei Begriffen, denen wir einfach nicht zustimmen können." Man habe "versucht, behutsam vorzugehen, aber wir können nur bis zu einem gewissen Punkt gehen angesichts unserer fundamentalen Opposition zur deutschen Position". Deutsche Vorschläge zur Bekämpfung des Klimawandels und zum Kohlendioxid-Handel seien "mit dem Ansatz des Präsidenten zum Klimaschutz unvereinbar".

"Lahme Ente Bush"

Im Berliner Entwurf für die Abschlusserklärung ist als Zielsetzung eine weltweite Begrenzung der weiteren Erderwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts auf zwei Grad Celsius vorgesehen. Außerdem werden eine Halbierung der Kohlendioxid-Emissionen bis 2050 und der Ausbau alternativer Energien bis 2020 um 20 Prozent gefordert.

Angesichts der dramatischen Gefahr durch den Klimawandel machten "diplomatische Sprachregelungen, die die Realität verkleistern und nichts nach vorne bringen, keinen Sinn", sagte Gabriel der "Saarbrücker Zeitung". Der Europa-Experte im US-Außenministerium, Dan Fried, sagte bei n-tv: "Jeder kann natürlich versuchen, sich zu profilieren, jeder kann Forderungen stellen und sich an die Öffentlichkeit wenden. Helfen wird das nicht."

Der G8-Gipfel müsse ein wirksames Sofortprogramm zur Bekämpfung des Klimawandels beschließen, forderte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland. "Kein Abschlussdokument ist besser als ein schlechtes", erklärte Bundesgeschäftsführer Gerhard Timm. Die Umweltorganisation Greenpeace betonte: "Auf lahme Enten wie George Bush darf man nicht länger warten, wenn man Klimaschutz ernst nimmt."

Quelle: ntv.de

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