Libyer wollen ihn selbst verurteilen Gaddafi-Sohn kommt vor Gericht
23.08.2012, 15:28 Uhr
Seif al-Islam galt als westlich orientierter Politiker - doch dann forderte er harte Maßnahmen gegen die Demonstranten.
(Foto: dpa)
Eigentlich wollte der Internationale Strafgerichtshof den zweitältesten Sohn des ehemaligen libyschen Machthabers Gaddafi zur Rechenschaft ziehen. Doch die neuen libyschen Behörden weigerten sich beharrlich. Nun wird Seif al-Islam in seinem Heimatland der Prozess gemacht.
Der Sohn des gestürzten libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi, Seif al-Islam, soll ab September in Libyen vor Gericht gestellt werden. Die libysche Generalstaatsanwaltschaft teilte mit, das Verfahren werde im westlibyschen Sintan abgehalten, wo Seif al-Islam seit November 2011 in Haft ist. Dem 40-Jährigen wird die Anordnung von Verbrechen während des Aufstands gegen seinen Vater vorgeworfen.
Die Untersuchung zu den von Seif al-Islam in der Zeit zwischen dem Beginn des Aufstands im Februar 2011 und seiner Festnahme im November begangenen Verbrechen sei abgeschlossen, erklärte der stellvertretende Generalstaatsanwalt Taha Nasser Baara. Die Anklageschrift und das Datum für die Prozesseröffnung würden demnächst bekanntgegeben. Baara wies Berichte zurück, wonach die örtlichen Milizen einen Prozess unter ihrer Kontrolle in Sintan verlangt hätten.
Die Generalstaatsanwaltschaft besitze "solide Beweise" in Form von Ton- und Bildaufnahmen, Dokumenten und Zeugenaussagen, sagte Baara. Diese Beweise würden für eine Verurteilung ausreichen. Baara betonte, der Internationalen Strafgerichtshof (IStGH), der ebenfalls einen Haftbefehl gegen Seif al-Islam ausgestellt hat und ihm selbst den Prozess in Den Haag machen wollte, habe keine Rolle bei den Untersuchungen für den Prozess gespielt.
Vom Hoffnungsträger zum Hardliner
Seif al-Islam galt lange als möglicher Nachfolger seines Vaters. Vor Ausbruch des Bürgerkriegs galt der zweitälteste Sohn des langjährigen libyschen Machthabers als Befürworter einer Annäherung an den Westen und einer Öffnung des Systems, doch nach Beginn der Proteste im Februar 2011 befürwortete er eine hartes Vorgehen gegen die Opposition. Einen Monat nach dem Tod seines Vaters am 20. Oktober in Sirte, wurde Seif al-Islam im Süden des Landes gefasst.
Im Juni wurde eine IStGH-Delegation, die Seif al-Islam in seinem Gefängnis in Sintan besucht hatte, von Milizen festgenommen. Die Milizen warfen der Australierin Melinda Taylor vor, versucht zu haben, dem Häftling einen Stift mit einer Minikamera sowie einen kodierten Brief seines früheren Vertrauten Mohammed Ismail zu übergeben. Erst nach fast einem Monat wurden die vier IStGH-Mitarbeiter schließlich wieder freigelassen.
Quelle: ntv.de, AFP