Abzug der Zusatz-Truppen General malt Silberstreif
10.09.2007, 06:50 UhrDer Oberkommandierende der US-Armee im Irak, General David Petraeus, hat dem Kongress in Washington den Abzug aller 30.000 Anfang des Jahres zusätzlich abkommandierten Truppen bis Mitte Juli 2008 vorgeschlagen. Die oppositionellen Demokraten fordern bislang einen Abzug aller 160.000 Soldaten bis Ende April 2008.
Bereits Ende dieses Monats solle die erste Einheit den Irak verlassen und Mitte Dezember werde danach eine Brigade von rund 4.000 Mann folgen, sagte Petraeus bei einer mit Spannung erwarteten Anhörung.
"Ich bin überzeugt, dass wir unsere Kräfte bis nächsten Sommer auf das Niveau vor der Aufstockung zurückführen können, ohne die Fortschritte in der Sicherheitslage zu gefährden." Eine weitere Reduzierung der Kampftruppen ist seinen Worten zufolge danach zu erwarten. "Nach meiner fachmännischen Einschätzung wäre es jetzt aber zu früh, dazu Empfehlungen auszusprechen."
Zwar malten Petraeus und der US-Botschafter im Irak, Ryan Crocker, kein rosarotes Bild der Lage im Irak. Aber nach ihrer Einschätzung geht es grundsätzlich bergauf. Der Diplomat Crocker sagte, die Kurve zeige nach oben, aber der Anstieg sei nicht steil. Notwendig seien weitere Entschlossenheit und weiteres Engagement.
"El Kaida nicht besiegt, aber angeschlagen"
Petraeus bezeichnete es als die bedeutsamste Entwicklung der vergangenen sechs Monate, dass immer mehr Stammesführer gemeinsam mit den US-Truppen gegen Mitglieder des Terrornetzwerkes El Kaida vorgingen. Diese Bewegung gehe über die ehemalige westirakische Unruheprovinz Anbar hinaus. El Kaida sei noch nicht besiegt, aber angeschlagen, sagte Petraeus.
Kritisch merkte der General an, dass die irakische Regierung es bis jetzt nicht geschafft habe, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um das Land zu stabilisieren. Dies gelte auch für das anhalten Misstrauen zwischen den Bevölkerungsgruppen im Irak.
Der Auftritt von Petraeus und Crocker wurde begleitet von heftigen Angriffen der Demokraten und von Kriegsgegnern. Einige Antikriegsaktivisten störten immer wieder den Vortrag des Generals und wurden von Ordnern aus dem Saal gebracht.
"General betray us"
Die Antikriegsgruppe MoveOn.org warf Petraeus vor seiner Rede in einer ganzseitigen Anzeige in der "New York Times" vor, die Zahlen zur Entwicklung im Irak im Sinne des Präsidenten gefälscht zu haben. In der Anzeige wurde Petraeus als "General betray us" (Betrügergeneral) bezeichnet. Dieser Vorwurf sei eine Beleidigung für all jene, die für Amerikas Freiheit kämpften, erklärte der republikanische Senator Mitch McConnell.
Petraeus bekräftigte vor seinem Vortrag, er habe den Bericht selbst erstellt und mit niemandem abgesprochen. Der Petraeus-Bericht gilt als Vorbereitung für eine in dieser Woche erwartete Erklärung von Präsident George W. Bushs, wie er im Irak weiter vorgehen will.
"Wir müssen raus aus dem Irak"
Der demokratische Vorsitzende des Streitkräfteausschusses des Repräsentantenhauses, Ike Skelton, kritisierte eingangs die Politik Bushs, indem er erklärte, Petraeus sei sicher der richtige Mann im Irak, "aber drei Jahre zu spät" und mit "250.000 Mann zu wenig". Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, der Demokrat Tom Lantos, sparte nicht mit Lob für Petraeus und Crocker, nur um dann hinzuzufügen, "militärischer Erfolg ohne politischen Fortschritt ist bedeutungslos. Wir müssen raus aus dem Irak, für das Wohl unseres Landes".
Der irakische Ministerpräsident Nuri Al-Maliki räumte ein, dass seine Sicherheitskräfte noch nicht ohne amerikanische Unterstützung für Ruhe und Ordnung im Irak sorgen können. "Es hat spürbare Verbesserungen in der Sicherheitslage in Bagdad und den Provinzen gegeben, das reicht aber nicht", sagte Al-Maliki. Er erklärte, die Gewalt im Großraum Bagdad sei seit dem Eintreffen der zusätzlichen US-Soldaten um 75 Prozent zurückgegangen.
Die Stimmung im Irak zeigte eine am Montag veröffentlichte Umfrage, in der 47 Prozent der Iraker erklärten, sie seien für einen sofortigen Abzug der US-Truppen aus ihrem Land. Das waren zwölf Prozentpunkte mehr als im März. Anschläge auf Soldaten der Koalition werden demnach von einer Mehrheit der Iraker gebilligt: 57 Prozent bezeichneten sie als zulässig - etwa die Hälfte der Schiiten und fast alle Sunniten äußerten sich in diesem Sinne.
Quelle: ntv.de