Politik

Neue Runde im Atomstreit Genf hofft auf einen Deal

Der Streit um das iranische Atomprogramm geht in Genf in eine neue Runde. Ob das Treffen diesmal Ergebnisse bringt, ist eher zweifelhaft. Erste Aussagen Teherans lassen da wenig Hoffnung aufkommen, doch auch Präsident Ahmadinedschad steht unter Druck.

Irans Präsident Ahmadinedschad (2.v.l) gemeinsam mit Verteidigungsminister Wahidi (l) hinter einer Rakete bei einer Parade zum Tag der Armee.

Irans Präsident Ahmadinedschad (2.v.l) gemeinsam mit Verteidigungsminister Wahidi (l) hinter einer Rakete bei einer Parade zum Tag der Armee.

(Foto: dpa)

Es sind die ersten Atomgespräche mit dem Iran seit über einem Jahr. Und dies ist wohl auch schon der größte Erfolg, dass sich iranische Politiker überhaupt wieder mit Vertretern der USA, Russlands, Chinas, Frankreichs, Großbritanniens und Deutschlands zusammensetzen. Offiziell ist der Iran aber nicht einmal bereit, bei den Atomgesprächen das heikle Thema überhaupt anzusprechen.

Die Frage ist deshalb, werden die iranischen Vertreter ihre Blockadehaltung im Streit um das undurchsichtige Atomprogramm bei dem Treffen am Montag in Genf wenigstens etwas lockern? Viel erwarten sich alle Beteiligten nicht, dennoch stehen sie unter Druck: Für die Weltmächte ist ein nuklear aufgerüsteter Iran ein Horrorszenario. Der Regierung in Teheran droht durch ihr unberechenbares Verhalten eine immer stärkere außenpolitische Isolation.

Verbohrtheit des Iran

Nach Einschätzung von CIA-Chef Panetta verfügt der Iran über genügend niedrig angereichertes Uran für zwei Atombomben. Sollte es der Iran darauf anlegen, könnten diese Nuklearwaffen 2012 einsatzbereit sein, so Panetta.

Nach Einschätzung von CIA-Chef Panetta verfügt der Iran über genügend niedrig angereichertes Uran für zwei Atombomben. Sollte es der Iran darauf anlegen, könnten diese Nuklearwaffen 2012 einsatzbereit sein, so Panetta.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Vorab hatte sich die Führung in Teheran unbeugsam gegeben. "Unsere Atomrechte sind absolut unumstößlich und gehen, außer der internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), niemanden was an", stellte Präsident Mahmud Ahmadinedschad klar. Er werde daher auch der von seinem Atomchefunterhändler Said Dschalili angeführten Delegation in Genf nicht erlauben, "diesbezüglich den geringsten Rückzieher zu machen".

Für die Weltmächte ist aber die mögliche militärische Dimension des iranischen Nuklearprogramms - das laut Teheran nur zivilen Zwecken dient - das Hauptthema. Klares Ziel der USA bei den Gesprächen sei, schnell eine Lösung zu finden, um die internationalen Sorgen über das Atomprogramm zu zerstreuen, sagte der amerikanische Botschafter bei der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, Glyn Davies, in Wien.

Man wolle mit dem Iran einen schrittweisen Prozess der Vertrauensbildung starten, der dann zu sinnvollen Verhandlungen führen sollte, formuliert es der deutsche IAEA-Botschafter Rüdiger Lüdeking im Sinne Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens: "Wir sind überzeugt davon, dass dies eine Chance für den Iran ist, um seine Bereitschaft zu zeigen, über die Grundlage unserer Sorgen über das Nuklearthema mit gutem Willen zu sprechen." Dabei könnten auch andere Themen gemeinsamen Interesses angesprochen werden.

Vertrauen als Grundlage

Als kleinsten gemeinsamen Nenner könnten sich alle Beteiligten in Genf aus Sicht von Beobachtern auf neue Verhandlungen über einen Atomdeal mit den Weltmächten zur weiteren Anreicherung iranischen Urans im Ausland einigen. Dieser bereits vor mehr als einem Jahr auf den Tisch gebrachte Vorschlag zur Vertrauensbildung war damals am Verhalten des Irans gescheitert, und das islamische Land hatte selbst mit höherer Anreicherung begonnen. Mit einer neuen Debatte hätte man ein Nuklearthema auf der Tagesordnung, kratzt aber mit Kritik an der Urananreicherung nicht am Kern des iranischen Atomprogramms.

"Der Iran wird definitiv nicht auf die Forderung der Sechsergruppe zur Einstellung der Urananreicherung eingehen", sagt ein Politologe in Teheran. Dies würde für Ahmadinedschad als Vorreiter des iranischen Atomprogramms das politische Ende bedeuten. Aber sowohl er als auch sein Verhandler Dschalili wüssten sehr wohl, dass sich der Westen ohne Beilegung des Atomstreits auf keinerlei Zusammenarbeit einlasse. Daher werde das Urantauschgeschäft mit großer Wahrscheinlichkeit Dschalilis Kompromissvorschlag in Genf sein.

Wachsender Druck auf den Iran

Perthes, Direktor des Deutschen Instituts für Internationale Politik und Sicherheit und geschäftsführender Vorsitzender der Stiftung Wissenschaft und Politik, war bis 2005 Leiter der Forschungsgruppe Naher Osten und Afrika.

Perthes, Direktor des Deutschen Instituts für Internationale Politik und Sicherheit und geschäftsführender Vorsitzender der Stiftung Wissenschaft und Politik, war bis 2005 Leiter der Forschungsgruppe Naher Osten und Afrika.

(Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb)

"Ich denke, dass wir von Genf bestenfalls dazu eine Abmachung erwarten können", sagt auch der Iran-Experte Volker Perthes, Direktor des Deutschen Instituts für Internationale Politik und Sicherheit. Ein noch besseres Szenario sei, wenn zusätzlich noch ein Rahmenplan für weitere Gespräche festgelegt werden könnte. Auch in Teheran halten Beobachter und Offizielle ein mögliches Urantauschgeschäft zwar nicht für den großen Durchbruch im Atomstreit, sehen darin aber eine Grundlage für weitere Gespräche.

Eine weitere Eskalation der Krise und eine damit verbundene breitere Isolierung des Gottesstaates wollen nach Ansicht von Beobachtern im Iran weder der Klerus noch der Präsident selbst. "Wenn man sich völlig stur stellt, wird man auf längere Zeit nicht mehr als Gesprächspartner ernst genommen werden", sagt Perthes.

Durch neue Sanktionen war der Druck in letzter Zeit auf den Iran gewachsen. Die neusten Wikileaks-Enthüllungen zeigten, dass auch viele arabische Staaten Teheran sehr kritisch betrachten. "Die Frage ist, ob der Iran zu einem zweiten Nordkorea werden will", sagt ein Politologe in Teheran.

Quelle: ntv.de, Miriam Bandar und Farshid Motahari, dpa

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