Krisentreffen Merkel-Szydlo Geplante Tusk-Wiederwahl sorgt für Wirbel
09.03.2017, 12:12 Uhr
Polens Regierung will eine zweite Amtszeit von Donald Tusk unbedingt verhindern.
(Foto: imago/Pacific Press Agency)
Im Streit um die Wiederwahl von EU-Ratspräsident Tusk droht Polens Regierung mit der Blockade des gesamten EU-Gipfels. Doch Maltas Regierungschef Muscat, der die Wahl leitet, bleibt hart. Vor dem Gipfel spricht Kanzlerin Merkel mit ihrer polnischen Kollegin Szydlo.
Die Entscheidung über die Wiederwahl von Donald Tusk zum EU-Ratspräsidenten soll trotz der Boykottdrohung Polens wie geplant beim heutigen EU-Gipfel fallen. "Das Thema steht auf der Agenda, deshalb muss man entscheiden", sagte Maltas Regierungschef Joseph Muscat, der als amtierender Vorsitzender der EU-Ratspräsidentschaft die Wahl leitet. "Es gibt klare Regeln, die ich befolgen werde. Die Entscheidung wird heute getroffen werden."
Die 28 Staats- und Regierungschefs der EU sollen am Nachmittag in Brüssel darüber befinden, ob Tusk für weitere zweieinhalb Jahre im Amt bleibt. Bundeskanzlerin Angela Merkel kommt noch vor Gipfelbeginn mit ihrer polnischen Kollegin Beata Szydlo zusammen, wie die Regierung in Warschau mitteilte.
Im Streit um Tusks Wiederwahl hatte die polnische Regierung mit der Blockade des gesamten Gipfels gedroht. Polen werde die anderen EU-Staaten informieren, "dass der ganze Gipfel gefährdet sein wird", wenn eine Abstimmung über die Personalie erzwungen werde, sagte Außenminister Witold Waszczykowski im Fernsehsender TVN24. Die rechtsnationale Regierung in Warschau lehnt eine zweite Amtszeit für Tusk kategorisch ab.
Die Regierung in Warschau wirft dem ehemaligen polnischen Ministerpräsidenten vor, sich in die polnische Innenpolitik eingemischt zu haben. Sie hat mit dem Europa-Abgeordneten Jacek Saryusz-Wolski einen Gegenkandidaten aufgestellt, für diesen aber bisher offiziell keine weiteren Unterstützer.
"Wir werden alles tun, damit die Abstimmung heute nicht stattfindet", sagte Außenminister Waszczykowski, der am Mittwoch in Warschau mit Bundesaußenminister Sigmar Gabriel zusammengekommen war. "Wir haben den Deutschen bereits die Botschaft übermittelt, dass es heute nicht notwendig ist, über den Präsidenten des Europäischen Rates abzustimmen." Polen setze seine Konsultationen in der Personalfrage fort.
Plädoyer Merkels für Tusk
Derweil sprach sich Merkel klar für eine zweite Amtszeit von Tusk aus. "Ich sehe seine Wiederwahl als Zeichen der Stabilität für die gesamte Europäische Union an", sagte die CDU-Politikerin in einer Regierungserklärung zum EU-Gipfel im Bundestag. Sie freue sich darauf, "die Zusammenarbeit mit ihm fortzusetzen".
Der Liberale Tusk gilt als Feind des Chefs der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Jaroslaw Kaczynski. Dieser soll Tusk seine eigene Wahlniederlage im Oktober 2007 nachtragen. Tusk war von 2007 bis 2014 Regierungschef in Warschau.
Weber: Warschau isoliert
Die Entscheidung über Tusks zweite Amtszeit kann von den Staats- und Regierungschefs per Mehrheitsbeschluss getroffen werden. Nötig sind dafür 21 der 28 Mitgliedstaaten. Außer Polen hat bisher keine andere EU-Regierung ihren Widerstand gegen Tusk erklärt. Nötig wären acht Gegenstimmen, um Tusk bei einer Abstimmung zu verhindern. Nach Angaben des CSU-Europapolitikers Manfred Weber ist Polen in dem Streit um Tusk isoliert.
Die Verlängerung der Amtszeit Tusks sollte ursprünglich bei dem Gipfel nur einige Minuten in Anspruch nehmen. Polnische Medien sprachen nun von zwei Szenarien: Entweder bekommt Warschau die Zusage, dass über den Ratspräsidenten nur einstimmig abgestimmt wird oder die polnische Regierung werde sich weigern, den gesamten Gipfelschlussfolgerungen zuzustimmen.
Quelle: ntv.de, wne/rts/AFP/dpa