Wissing: "Bittere Summe" Geplatzte PKW-Maut: Bund zahlt 243 Millionen Euro
05.07.2023, 17:37 Uhr
Für deutsche Autohalter sollte die PKW-Maut keine Mehrkosten verursachen.
(Foto: picture alliance / Panama Pictures)
2019 schiebt der Europäische Gerichtshof den Plänen des CSU-geführten Verkehrsministeriums einen Riegel vor: Die PKW-Maut, die vor allem Autofahrer aus dem Ausland belasten sollte, verstößt gegen EU-Recht. Das gescheiterte Vorhaben kostet den Steuerzahler nun weitere Millionen.
Als Folge der geplatzten PKW-Maut muss der Bund 243 Millionen Euro Schadenersatz an die vorgesehenen Betreiber zahlen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing bestätigte eine entsprechende Verständigung mit der Betreiberseite und sagte: "Das ist eine bittere Summe." Das ganze Verfahren sei teuer und aufwendig gewesen. "Am Ende konnte der Schaden begrenzt werden." Aber fast eine Viertelmilliarde Euro sei eine große Summe, gerade in Zeiten knapper öffentlicher Kassen.
Drei Monate vor der Wahl im CSU-regierten Bayern kam von FDP und Grünen erneut harte Kritik am Vorgehen des damaligen Verkehrsministers Andreas Scheuer auf. Die PKW-Maut war ein Prestigeprojekt der CSU: Sie war so ausgelegt, dass deutschen Autohaltern wegen Abschlägen bei der Kfz-Steuer unterm Strich keine Mehrkosten entstanden wären, während ausländische Fahrzeughalter draufgezahlt hätten. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) befand im Juni 2019, dass dies gegen EU-Recht verstößt.
Die vorgesehenen Betreiber forderten zunächst 560 Millionen Euro Schadenersatz, nachdem der Bund die Verträge kurz nach dem Urteil gekündigt hatte. Scheuer wies Forderungen der Firmen zurück. Daraufhin folgte ein Schiedsverfahren.
Wissing sagte, das Schiedsgericht habe eine Beendigung über einen Schiedsspruch vorgeschlagen. Der Haushaltsausschuss des Bundestages habe am heutigen Mittwoch grünes Licht für eine Zustimmung dazu gegeben. Die 243 Millionen Euro sollen an die Firma Autoticket gezahlt werden - das Gemeinschaftsunternehmen des Mautspezialisten Kapsch und des Ticketanbieters Eventim sollte Betreiberin der PKW-Maut sein. Mit der Zahlung würden "die wechselseitigen Ansprüche aus dem Betreibervertrag bereinigt und verglichen sein", erläuterte Kapsch in einer Börsen-Pflichtmitteilung.
Betreiber: Umsetzung als Klima-Abgabe bevorzugt
Mit Blick auf die fällige Schadenersatzzahlung sagte Wissing, das Geld sei von den Bürgerinnen und Bürgern hart erarbeitet worden. Hinzu kämen noch Anwaltskosten. Der Schaden sei schon eingetreten, als die Ampel-Koalition die Regierungsgeschäfte übernommen habe. Wissing nannte die PKW-Maut einen schweren Fehler. Er bedauere, dass die Schadenersatzsumme nicht für Investitionen zur Verfügung stehe.
Der Grünen-Haushälter Sven-Christian Kindler sagte: "Es wäre nur gerecht, wenn die CSU anbieten würde, die große Rechnung aus ihrem Parteivermögen selbst zu bezahlen." Zusätzlich zum Schiedsspruch kämen noch Kosten für die Einführung, externe Berater, Anwalts- und Gerichtskosten. "Mit dem ganzen Geld hätten wir viele Radwege bauen, Schienenwege sanieren und den öffentlichen Nahverkehr unterstützen können." FDP-Haushaltspolitiker Karsten Klein sagte, der damalige CSU-Wahlkampfhit werde "zum Trauerlied für den deutschen Steuerzahler". Für den finanziellen Schaden trügen Scheuer und die CSU die volle Verantwortung.
Mit dem Scheitern der Maut und den finanziellen Folgen befasste sich in der vergangenen Wahlperiode auch ein Untersuchungsausschuss des Bundestags. Die damalige Opposition warf Scheuer Verstöße gegen Haushalts- und Vergaberecht vor und warnte vor Millionenkosten. Der damalige Minister wies alle Vorwürfe zurück. Im Visier stand dabei auch, dass er die Betreiberverträge schon Ende 2018 abgeschlossen hatte, noch bevor endgültige Rechtssicherheit beim Europäischen Gerichtshof bestand.
Von der eigentlich vorgesehenen Betreibergesellschaft Autoticket hieß es: "Wir hätten eine modifizierte Umsetzung der PKW-Maut als Klima-Abgabe für deutsche und gebietsfremde Fahrzeughalter einer streitigen Auseinandersetzung vorgezogen." Geschäftsführer Michael Blum sagte, dennoch begrüße man die Beendigung des Verfahrens. Bereits im März 2022 habe das eingesetzte Schiedsgericht bestätigt, dass die auf eine angebliche "Schlechtleistung" gestützte Kündigung der Verträge durch das Ministerium unberechtigt gewesen sei.
Quelle: ntv.de, fzö/AFP/dpa