Jusos auf den Barrikaden Berliner CDU und SPD starten Koalitionsverhandlungen
09.03.2023, 10:38 Uhr
Wegner und Giffey wollen es zusammen versuchen. Den letzten christdemokratischen Regierenden Bürgermeister in Berlin gab es 2001.
(Foto: Annette Riedl/dpa)
Nach der Wiederholungswahl steht nun offenbar ein Regierungswechsel in Berlin an - die Hauptstadt soll, wenn sich die Berliner SPD und CDU durchsetzen, eine Große Koalition bekommen. Doch die Autobahn A100 und der Mindestlohn könnten zu Problemen bei den Koalitionsverhandlungen führen.
Gut dreieinhalb Wochen nach der Wiederholungswahl in Berlin nehmen Wahlsieger CDU und die SPD Koalitionsverhandlungen über eine schwarz-rote Landesregierung auf. An diesem Donnerstag soll die Dachgruppe erstmals zusammenkommen, das Kernteam der Verhandler von beiden Seiten. Ab Anfang nächster Woche sollen sich dann 13 Arbeitsgruppen regelmäßig treffen. Anfang April soll der Koalitionsvertrag vorliegen.
Werden sich beide Parteien einig, steht ein Wechsel im Roten Rathaus an. Die SPD regiert seit 2016 mit Grünen und Linken. In einer Koalition mit der CDU soll Kai Wegner der erste christdemokratische Regierende Bürgermeister seit 2001 werden. Ein Bündnis zwischen Christ- und Sozialdemokraten gab es in Berlin zuletzt von 2011 bis 2016, damals mit der CDU als Juniorpartner. Die jetzige Amtsinhaberin und SPD-Landesvorsitzende Franziska Giffey will für Schwarz-Rot auf das Rote Rathaus verzichten, hat aber ihre Bereitschaft erklärt, Senatorin in der neuen Landesregierung zu werden. Bei einer Fortsetzung ihrer bisherigen Koalition hätte sie Regierungschefin bleiben können.
Berliner Jusos kündigen Gegenwind an
An der Entscheidung der SPD, über ein Zweierbündnis mit der CDU zu verhandeln, gibt es viel Kritik, nicht nur von Grünen und Linken. Die Berliner Jusos haben eine Kampagne gegen Schwarz-Rot angekündigt, auch in einigen SPD-Kreisverbänden regt sich Widerstand. Grünen-Fraktionschef Werner Graf hat zuletzt die Berliner SPD-Mitglieder aufgerufen, bei einem Mitgliedervotum gegen eine Koalition von CDU und SPD zu stimmen.
In Berlin musste die Wahl zum Abgeordnetenhaus wegen zahlreicher Pannen wiederholt werden. Die CDU gewann nun am 12. Februar nach amtlichem Ergebnis mit 28,2 Prozent. SPD und Grüne bekamen beide 18,4 Prozent. Die Sozialdemokraten hatten mit 53 Stimmen nur einen kleinen Vorsprung vor den Grünen. Die Linke kam auf 12,2 Prozent, die AfD auf 9,1. Die FDP flog mit 4,6 Prozent aus dem Parlament.
Nach Informationen aus dem Kreis der Verhandler soll es voraussichtlich jeweils fünf Senatsposten für SPD und CDU geben. Ein Doppelressort für die jetzige Regierungschefin Giffey sei nicht abgesprochen. Ein solches "Superministerium" wird kritisch gesehen, weil bis zum Ende der Legislaturperiode nur noch rund dreieinhalb Jahre bleiben. Senatsverwaltungen neu aufzuteilen, erscheint nicht vernünftig, weil dadurch zu viel Zeit verloren ginge.
Koalitionsvertrag soll bis April stehen
Die Verhandlungen sollen bis Ende März dauern, die Arbeitsgruppen sich den Angaben zufolge vom 13. bis zum 26. März treffen. Anfang April soll der Koalitionsvertrag fertig sein. Bei der CDU muss dann ein Parteitag zustimmen, die SPD hat ein Mitgliedervotum geplant. "Wir haben uns einen straffen Zeitplan vorgenommen, denn Berlin hat keine Zeit zu verlieren", hatte Wegner gesagt.
In den Bereichen Verwaltung, Verkehr, Sicherheit, Wohnen und Bildung gehe es darum, zügig Lösungen zu finden. Giffey hatte angekündigt, auf eine deutliche sozialdemokratische Handschrift zu achten. "In den Sondierungsgesprächen haben wir in vertrauensvollen Gesprächen viele inhaltliche Schnittmengen zwischen beiden Parteien festgestellt", sagte sie. Sie erwarte nun auch für die Koalitionsverhandlungen professionelle und zügige Beratungen. SPD-Landes- und Fraktionschef Raed Saleh steckte vor dem Beginn der Verhandlungen schon mal die Forderungen seiner Partei ab. Er schloss im Berliner "Tagesspiegel" eine weitere Verlängerung der Autobahn 100 nach Osten aus und will dafür werben, die gebührenfreie Bildung zu erweitern und den Landesmindestlohn von 13 Euro zu erhöhen.
Quelle: ntv.de, cls/dpa