Immer mehr syrische Flüchtlinge Grausamkeit am Pranger
11.09.2012, 13:32 Uhr
Die Situation in den Flüchtlingslagern wird zunehmend prekär.
(Foto: dapd)
Je brutaler die syrischen Regierungstruppen vorgehen, desto grausamer verhalten sich auch ihre Gegner. Doch nicht alle Oppositionellen billigen die Hinrichtung gefangener Soldaten. Unterdessen nimmt die Flüchtlingsproblematik immer komplizierter.
Die Grausamkeit an den verschiedenen Fronten in Syrien nimmt mit jedem Monat weiter zu. In Oppositionskreisen sorgt ein Video für Diskussionsstoff, in dem getötete Soldaten zu sehen sind. Das Video, das von der Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter veröffentlicht wurde, soll vor einigen Tagen in Aleppo aufgenommen worden sein. Es zeigt mehrere bewaffnete Männer, die einer Brigade der Revolutionstruppen angehören sollen. Vor ihnen liegen an einer Bordsteinkante etwa 20 Leichen von Männern, die offensichtlich aus nächster Nähe erschossen wurden. Ihre Hände sind gefesselt.
Der Vorsitzende der Menschenrechtsorganisation, Rami Abderrahman, sagte, er wolle nicht nur die Verbrechen der Regierungstruppen dokumentieren, sondern alle Menschenrechtsverletzungen: "Wir können derartige Vorfälle nicht einfach ignorieren. Und wenn wir die Augen davor verschließen würden, dann würde dies nur dem Regime nützen."
Aus dem Umland von Damaskus meldeten Aktivisten Gefechte zwischen Regierungstruppen und Deserteuren. Während es in den Vororten fast täglich zu Kämpfen kommt, bei denen zum Teil auch die Luftwaffe eingesetzt wird, ist es in einigen Vierteln der Hauptstadt nach Angaben von Bewohnern immer noch relativ ruhig. 18 Menschen sollen am Dienstag landesweit getötet worden sein.
Das syrische Regime setzt derweil auf religiöse Rhetorik. Die Tageszeitung "Al-Watan", die Präsident Baschar al-Assad nahesteht, schrieb, die Ordnungspolizei habe über Dörfern im Osten von Damaskus per Hubschrauber Flugblätter abgeworfen. Darin seien die Kämpfer im Namen des Islams aufgefordert worden, ihre Waffen niederzulegen. "Benutze Deinen Verstand, die Religion ist Glaube, die Religion ist Nächstenliebe, die Religion ist Toleranz, die Religion ruft nicht zum Töten auf", zitierte die Zeitung aus den Flugblättern.
250.000 auf der Flucht
Wegen des blutigen Konflikts ist nach Angaben der Vereinten Nationen inzwischen mehr als eine Viertelmillion Menschen außer Landes geflohen. Letzte Zahlen zeigten, dass mehr als 253.000 Menschen Syrien verlassen hätten, sagte ein Sprecher des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR). Allein in Jordanien wurden demnach gut 85.000 Flüchtlinge gezählt. Syrien sei damit derzeit "die größte Krise", die das Flüchtlingskommissariat betreue, sagte der Sprecher.
UN-Flüchtlingskommissar Antonio Guterres will sich vor Ort in Jordanien ein Bild von der Lage machen. Er wird dabei von US-Schauspielerin Angelina Jolie begleitet, die UNHCR-Sonderbotschafterin ist. Jolie kam bereits in der Nacht in Jordanien an und besuchte unter dem Schutz jordanischer Soldaten Familien, die jüngst aus Syrien über die Grenze geflohen waren. Gemeinsam mit Guterres will Jolie das Flüchtlingslager Saatari besuchen. Später ist ein Treffen mit Jordaniens König Abdullah II. und Regierungsvertretern vorgesehen.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa