Enthüllungsbuch zum Irak Großer Streit im Weißen Haus
05.09.2008, 17:30 UhrDie US-Regierung war laut einem neuen Buch des Enthüllungsjournalisten Bob Woodward über das Vorgehen gegenüber den Aufständischen im Irak zutiefst gespalten. Ende 2006 wäre es beinahe zu einer Revolte des Militärs gegen die Pläne von Präsident George W. Bush gekommen, die Zahl der Truppen im Irak aufzustocken, berichtet Woodward in seinem jüngsten Buch "The War Within: A Secret White House History, 2006 - 2008" (Der Krieg im Inneren: Eine geheime Geschichte des Weißen Hauses), aus dem die "Washington Post" zitiert. Laut Woodward ging das Weiße Haus trotz der Bedenken ranghoher Beamter sogar so weit, den irakischen Ministerpräsidenten Nuri el Maliki und seine Regierung auszuspionieren.
Nach Angaben des Starjournalisten fand die Bespitzelung ausgerechnet zu dem Zeitpunkt statt, an dem Bush für vertrauensvolle Beziehungen mit Maliki warb. "Wir wissen alles, was er sagt", zitiert Woodward eine seiner Quellen aus dem Umfeld des Weißen Hauses. Der Einwand eines weiteren Mitarbeiters - "sollten wir das nicht besser bleiben lassen" - verhallte ungehört.
Besonders umstritten war nach Informationen Woodwards die Entscheidung, die Truppen massiv aufzustocken, um die Sicherheitslage im Irak zu stabilisieren. Gegen eine Aufstockung waren laut Woodward der damalige Kommandeur der US-Truppen im Irak, General George Casey, General John Abizaid - damals Chef des US-Zentralkommandos und damit für die Militäreinsätze im Irak und Afghanistan zuständig - sowie der damalige Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. Der Generalstab sei überzeugt gewesen, ihr Rat erreiche den Präsidenten nicht mehr. Admiral Michael Mullen habe bereits befürchtet, die Streitkräfte sollten zum Sündenbock für ein Scheitern im Irak gemacht werden.
Cheney angeblich übergangen
Innerhalb der Bush-Regierung sei allein der Stab des Nationalen Sicherheitsrats für eine Aufstockung eingetreten. Auf dem Höhepunkt der internen Debatten entschied Bush dann laut Woodward, Rumsfeld zu feuern - ohne seinen Vize Dick Cheney vorher zu konsultieren.
Dass die Gewalt im Irak in den Folgemonaten tatsächlich nachließ, lag laut dem Buch jedoch nicht an der Truppenaufstockung. Maßgeblich dafür verantwortlich seien "bahnbrechende" verdeckte Einsätze der US-Armee gewesen, die es ermöglicht hätten, führende Vertreter der Aufständischen und von Al Kaida im Irak aufzuspüren. Einzelheiten zu den verdeckten Aktionen nennt Woodward laut "Post" jedoch nicht.
Bush gesteht Versagen im Ton ein
Woodward hatte in den 70er Jahren gemeinsam mit seinem Kollegen Carl Bernstein die Watergate-Affäre aufgedeckt. Für "The War Within" interviewte er auch den US-Präsidenten persönlich. Dieser verteidigte weiterhin den Einmarsch im Irak, räumte gleichzeitig aber ein, dass er im eigenen Land auf bitteren Widerstand stieß. "Dieser Krieg hat eine Menge wirklich harter Gefühle ausgelöst, die zu einer Menge scharfer Worte führten. Zu meinem Versagen zählt es, dass es mir nicht gelungen ist, einen anderen Ton in Washington durchzusetzen."
Quelle: ntv.de