Ende der Sanktionen für Junge? Grüne und Linke fordern Hartz-IV-Reform
06.11.2019, 10:31 Uhr
(Foto: imago/Christian Ohde)
Hartz-IV-Sanktionen sind zum Teil verfassungswidrig. Das entscheidet das Bundesverfassungsgericht und entfacht damit eine Debatte über den Rahmen der Grundsicherung in Deutschland. Die Linke schlägt ein "Arbeitslosengeld Plus" vor. Die Grünen nehmen die Jungen in den Blick.
Das jüngste Urteil zur Verfassungswidrigkeit von Hartz-IV-Sanktionen stößt in mehreren Parteien auf Kritik. Linke und Grüne diskutieren die Anpassung des Arbeitslosengeldes 2, beziehungsweise eine neue Form der Grundsicherung.
Die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, fordert etwa die Aufhebung von Hartz-IV-Sanktionen für unter 25-Jährige. "Auch wenn das gestrige Urteil nur die über 25-Jährigen betroffen hat, ist doch jedem klar, dass Respekt und Menschenwürde auch für den Umgang mit jungen Menschen gelten muss", sagte die Grünen-Politikerin. Der Staat dürfe diese Menschen nicht in Existenznöte stürzen. "Union und SPD sollten nicht darauf warten, bis ihnen erneut ein Gericht vorschreibt zu handeln und die sozialen Grundrechte zu respektieren."
Das Bundesverfassungsgericht hatte am Dienstag entschieden, dass die monatelangen Leistungskürzungen für Hartz-IV-Bezieher, die ihren Pflichten nicht nachkommen, teilweise verfassungswidrig sind und abgemildert werden müssen. Nicht überprüft wurden allerdings die besonders scharfen Sanktionen für junge Hartz-IV-Empfänger unter 25 Jahren.
"Alles andere würde darauf hinauslaufen, dass junge, auf Unterstützung angewiesene Menschen noch stärker zu Sozialhilfeempfängern zweiter Klasse degradiert werden", sagte die Grünen-Politikerin. Die Bundesregierung sollte sich nach dem Karlsruher Urteil freiwillig dazu verpflichten, so Göring-Eckardt.
Linke schlägt "Arbeitslosengeld plus" vor
Auch die Linke fordert umfassende Verbesserungen für Arbeitslose. Die Partei schlägt dafür ein sogenanntes "Arbeitslosengeld Plus" vor. Die neue Leistung soll nach dem Bezug des Arbeitslosengelds fließen, wie aus einem Antrag der Linken hervorgeht. "So schaffen wir soziale Sicherheit und ziehen dem Disziplinierungsinstrument Hartz IV die Zähne", sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Susanne Ferschl.
Anders als bei Hartz IV sollen Betroffene mit dem "Arbeitslosengeld Plus" zunächst weiter eine am Lohn orientierte Leistung erhalten. Die Höhe soll bei 58 Prozent des vorherigen Lohns liegen. Ein Inflationsausgleich soll dafür sorgen, dass mit einem längeren Bezug keine Absenkung des Lebensstandards einhergeht.
Die Bezugsdauer solle der Dauer des vorherigen Bezugs von Arbeitslosengeld entsprechen. Arbeitslose, die mindestens 30 Jahre in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben, sollen nach den Linken-Vorstellungen einen unbefristeten Anspruch auf "Arbeitslosengeld Plus" erhalten. Diese Forderungen verknüpfen die Linken mit dem Ruf nach einer grundlegenden Verbesserung beim eigentlichen Arbeitslosengeld, unter anderem durch eine längere Bezugsdauer, wie aus einem weiteren Antrag hervorgeht.
Ferschl sagte: "Wir müssen Zeiten wirtschaftlicher Umbrüche durch eine aktive Sozialpolitik begleiten. Wer viele Jahre gearbeitet hat, muss vor dem sozialen Abstieg geschützt werden." Die Arbeitslosenversicherung, wie sie die Linke wollen, zwinge Beschäftigte nicht in Leiharbeit oder in den Niedriglohnsektor. Durch die Beitragsfinanzierung des "Arbeitslosengelds Plus" würden zugleich die Arbeitgeber an den Kosten beteiligt und die Ersparnisse der Beschäftigten beschützt.
Quelle: ntv.de, joh/dpa