Regieren zusammen sechs Länder Grüne von Merz' "Hauptgegner"-Kritik irritiert
28.06.2023, 08:25 Uhr Artikel anhören
Friedrich Merz erhofft sich von der Ampel eine andere Flüchtlingspolitik. "Alle Wahlforscher sagen uns, dass die AfD fast nur dieses eine Thema hat", sagt er.
(Foto: picture alliance/dpa)
Nachdem die AfD in Sonneberg erstmals einen Landratsposten erringt, kündigt Merz eine härtere Gangart gegenüber der Grünen an. Die können das aber nicht wirklich nachvollziehen. Schließen sitzen beide Parteien in sechs Landesregierungen. Der CDU-Chef fordert weiter auch eine neue Flüchtlingspolitik.
Die Grünen haben irritiert auf die Kampfansage von CDU-Chef Friedrich Merz reagiert und daran erinnert, dass es in mehreren Bundesländern schwarz-grüne Koalitionen gibt. "Wir rufen nicht einen Tag, nachdem die AfD eine Landratswahl gewonnen hat, andere demokratische Parteien zu 'Hauptgegnern' aus, mit denen wir in mehreren Bundesländern koalieren", sagte die Politische Bundesgeschäftsführerin der Partei, Emily Büning, der "Rheinischen Post".
Im thüringischen Kreis Sonneberg war am Sonntag erstmals in Deutschland ein AfD-Kandidat zum Landrat gewählt worden. Merz hatte daraufhin eine noch stärkere Auseinandersetzung mit den Grünen angekündigt - diese seien auf absehbare Zeit "die Hauptgegner" in der Bundesregierung. Der CDU-Vorsitzende und Unionsfraktionschef begründete dies damit, dass die Grünen für die aktuelle Polarisierung in der Energie- und Umweltpolitik verantwortlich seien.
Büning entgegnete, die Grünen setzten lieber auf konstruktive Politik. "Wir konzentrieren uns stattdessen auf die Probleme der Menschen in diesem Land. Über die Frage, wie man diese Probleme am besten löst, begeben wir uns gerne in den demokratischen Wettbewerb um die besten Ideen." Die CDU reagiert in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Schleswig-Holstein mit den Grünen als Juniorpartner, in Baden-Württemberg ist die Union der kleinere Koalitionspartner in einem grün-schwarzen Bündnis. In Brandenburg und Sachsen regieren die beiden Parteien ebenfalls zusammen - jeweils in Dreier-Koalitionen mit der SPD.
Merz setzt auf andere Flüchtlingspolitik
Nach Ansicht Merz' könnte zudem eine andere Flüchtlingspolitik dafür sorgen, dass die AfD an Zustimmung verlieren könnte. "Alle Wahlforscher sagen uns, dass die AfD fast nur dieses eine Thema hat", sagte Merz der "Augsburger Allgemeinen". "Eine andere Flüchtlingspolitik würde dazu führen, dass auch die Umfragewerte der AfD wieder sinken." Aber wenn die Bundesregierung das Gegenteil tue, "dann kann die Opposition sie nicht halbieren"."
Merz war in dem Interview auf eine Aussage aus dem Jahr 2018 angesprochen worden: Als Bewerber auf den CDU-Vorsitz hatte er damals gesagt, dass er sich zutraue, die AfD-Werte zu halbieren. Er betonte nun, der Kontext sei damals anders gewesen. "Als ich das gesagt habe, waren wir noch in der Regierung und hatten es in der Hand, Entscheidungen zu treffen, die die AfD klein gehalten hätten. Das gilt vor allem für die Flüchtlingspolitik.
Merz erneuerte indes die Unionskritik an einer von den Ampel-Fraktionen beschlossenen Reform des Aufenthaltsgesetzes. Dort soll künftig lediglich von einer "Steuerung", aber nicht mehr von einer "Begrenzung" der Zuwanderung die Rede sein. "Die notwendige gesteuerte Zuwanderung in den Arbeitsmarkt wird weiter überholt werden von einer ungesteuerten Einwanderung in unsere Sozialsysteme", warnte der CDU-Vorsitzende und Unionsfraktionschef. Man müsse die Zuwanderung steuern und eben begrenzen, "das geht doch gar nicht anders".
Die Ampel hatte argumentiert, die Änderung spiegele wider, dass ein "sowohl an den gesamtwirtschaftlichen Interessen Deutschlands als auch an Humanität ausgerichtetes Einwanderungsrecht ein wichtiges Anliegen und Ziel der Regierungskoalition ist". Positiv sieht Merz den Kompromiss der EU-Innenminister zu einer Reform der europäischen Asylregeln - er mahnte aber, man sei weit davon entfernt, "dass das geltendes Recht wird". "Das wird frühestens 2024, möglicherweise sogar erst 2025 der Fall sein, und bis dahin werden insbesondere die Grünen in Deutschland und in Europa massiv Front gegen diesen Kompromiss machen."
Quelle: ntv.de, ses/dpa