Politik

Obama hält Wort Guantanamo auf Eis

Der neue US-Präsident Barack Obama hat als einer seiner ersten Amtshandlungen eine Aussetzung aller Terrorismus-Verfahren im umstrittenen Gefangenenlager Guantnamo Bay auf Kuba angeordnet. Nach Angaben des US-Fernsehsenders CNN soll die Verfügung zunächst für 120 Tage gelten. In dieser Zeitspanne soll demnach das derzeitige Prozess-System gegen mutmaßliche Terroristen in Guantnamo generell und in Einzelfällen geprüft werden.

Obama hatte bereits im Wahlkampf für den Fall eines Sieges eine Schließung des Lagers angekündigt. Verteidigungsminister Robert Gates, der bereits unter George W. Bush Pentagonchef war und unter Obama im Amt bleibt, hatte bereits vor Wochen mit der Prüfung der dazu nötigen Schritte begonnen.

In dem Lager werden zurzeit noch etwa 245 Terrorverdächtige festgehalten, viele von ihnen bereits seit sieben Jahren ohne Anklage oder Prozess. Nur 21 Gefangene sollten sich nach bisherigem Stand demnächst als Kriegsverbrecher vor Militärkommissionen verantworten, das heißt Sondergerichten, die von der US-Regierung eigens zur Aburteilung von Guantnamo-Insassen geschaffen wurden. Die Anträge auf Aussetzung sollen heute bei den Sondergerichten eingereicht werden.

"Im Interesse der Gerechtigkeit"

Die Aussetzung der Verfahren solle "im Interesse der Gerechtigkeit" erfolgen, heißt es in den Schriftsätzen, die bereits am Dienstagabend (Ortszeit) in Guantnamo Bay verteilt wurden. In dem Gefangenenlager, das nach den Anschlägen vom 11. September 2001 eröffnet worden war, waren zeitweise bis zu 800 Menschen inhaftiert.

Prozess-Aussetzung auch gegen 09/11-Hintermänner

Zu den Angeklagten gehören auch fünf mutmaßliche Hintermänner der Anschläge vom 11. September, darunter der als Hauptdrahtzieher verdächtigte Chalid Scheich Mohammed. Ein Prozess sollte in diesem Jahr stattfinden. Der "Washington Post" zufolge legte die Anklage bereits am Dienstag während einer Anhörung zur Vorbereitung auf den Prozess gegen die fünf Beschuldigten den Antrag auf Aussetzung der Prozeduren bis zum 20. Mai vor.

Fall Khadr setzt Obama unter Zeitdruck

Als nächstes war jedoch ein Prozess gegen den Kanadier Omar Khadr geplant. Dieses Verfahren vor einer Militärkommission sollte am 26. Januar beginnen. Obama stand wegen des unmittelbar bevorstehenden Prozesses unter besonderem Zeitdruck. Der Fall Khadr gilt als besonders spektakulär: Khadr war im Alter von erst 15 Jahren in Afghanistan gefangen genommen worden und soll einen US-Soldaten getötet haben. Der Verteidigung zufolge wurde er während der Verhöre schwer misshandelt und zu Falschaussagen gezwungen. Erst vor kurzem war auch von offizieller US-Seite erstmals Folter eines Gefangenen zugegeben worden.

Das Lager in Guantnamo besteht seit sieben Jahren. Es war nach den Anschlägen vom 11. September 2001 eingerichtet worden und ist seitdem international immer wieder als ein Schandfleck kritisiert worden. Als "unrechtmäßige Kämpfer" eingestufte Terrorverdächtige werden dort zum Teil schon seit Anfang 2002 ohne Anklage oder Prozess festgehalten. Für die etwaige Aburteilung wurden unter der Regierung von Obamas Vorgänger George W. Bush sogenannte Militärkommissionen geschaffen. In Verfahren vor diesen Sondergerichten haben Angeklagte deutlich weniger Rechte als in Prozessen vor Zivil- oder normalen Militärgerichten.

Quelle: ntv.de

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