Politik

Schreiber bestreitet alles Haftbefehl eröffnet

Dem früheren Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber ist am Tag nach seiner Auslieferung an Deutschland der Haftbefehl verlesen worden.

Schreiber nach dem Haftprüfungstermin in Augsburg.

Schreiber nach dem Haftprüfungstermin in Augsburg.

(Foto: REUTERS)

Der 75-Jährige bestritt über seinen Anwalt pauschal alle Vorwürfe. Sein Anwalt Jens Wursbach wollte keine Stellungnahme abgeben. Schon vor seiner Auslieferung in Kanada hatte Schreiber erklärt, er sei unschuldig und werde in Deutschland politisch verfolgt.

Gerichtssprecher: Schreiber sieht mitgenommen aus

Schreiber lehnte es ab, fotografiert zu werden. Er habe einen mitgenommenen Eindruck gemacht, sagte ein Gerichtssprecher in Augsburg. Schreiber ist eine Schlüsselfigur im CDU-Spendenskandal um den ehemaligen Bundeskanzler und Parteivorsitzenden Helmut Kohl sowie in der "Maxwell-Affäre", in deren Rahm der Sohn des langjährigen bayerischen Ministerpräsidenten Franz-Josef Strauß, Max Strauß, schließlich aus Mangel an Beweisen freigesprochen wurde.

Theoretisch bis zu 15 Jahre Haft

Der Haftbefehl wurde von drei Richtern und drei Staatsanwälten eröffnet. Gegen Schreiber liegt vor dem Landgericht Augsburg eine zur Hauptverhandlung zugelassene Anklage wegen millionenschwerer Steuerhinterziehung, Betrugs und Bestechung in mehreren Fällen vor. Im Fall einer Verurteilung muss der Ex-Waffenhändler mit einer Gesamtstrafe von bis zu 15 Jahren Haft rechnen. Da nicht zu erwarten ist, dass sich Schreiber zu den Tatvorwürfen äußert, muss mit einem monatelangen Verfahren gerechnet werden.

Verhandlungsbeginn unklar

Der leitende Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz (M), der Präsident des Landgerichts, Herbert Veh (l) und der ermittelnde Staatsanwalt Marcus Paintinger

Der leitende Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz (M), der Präsident des Landgerichts, Herbert Veh (l) und der ermittelnde Staatsanwalt Marcus Paintinger

(Foto: dpa)

Nach der Eröffnung des Haftbefehls zog sich das Gericht zu einer kurzen Beratung zurück. Wann die Verhandlungen beginnen, war zunächst unklar. Mit einer Terminierung des Prozessbeginns sei heute nicht mehr zu rechnen, sagte Landgerichtspräsident Herbert Veh.

Schreiber war am Sonntagabend nach zehnjährigem juristischen Tauziehen aus Kanada ausgewiesen worden und am Montag in München eingetroffen. Grundlage für die Auslieferung war ein internationaler Haftbefehl der Augsburger Staatsanwaltschaft. Schreiber hatte sich seit 1999 durch seine Flucht über die Schweiz nach Kanada den deutschen Behörden entzogen. Zehn Jahre lang hatte Schreiber mit einem deutsch-kanadischen Doppelpass eine Auslieferung verhindern können, obwohl er in allen Verfahren mit seinen Einsprüchen gegen die drohende Auslieferung unterlegen war.

Oberstaatsanwalt: Schreiber ist fit

Schreibers neues Zuhause in der JVA Augsburg: Einen tag vor seiner Einlieferung war die Zelle noch von einem anderen Häftling belegt.

Schreibers neues Zuhause in der JVA Augsburg: Einen tag vor seiner Einlieferung war die Zelle noch von einem anderen Häftling belegt.

(Foto: dpa)

Nach den Worten des Augsburger Oberstaatsanwalts Reinhard Nemetz gibt es keine gesundheitlichen Bedenken für den 75-Jährigen. Während des Fluges von Toronto nach München sei er auch von einem Arzt begleitet worden. In München sei ein deutscher Mediziner hinzugezogen worden. Schreiber habe sich völlig ruhig verhalten und sei in der Justizvollzugsanstalt Augsburg in einer neun Quadratmeter großen Einzelzelle untergebracht worden.

Eine Million im Koffer

Schreiber hat die CDU in die schwerste Krise ihrer Geschichte gestürzt: Alt-Bundeskanzler Kohl verlässt frühzeitig eine Pressekonferenz zur CDU-Spendenaffäre, die er zusammen mit dem damaligen Parteichef Schäuble und der damaligen Generalsekretärin Merkel gegeben hatte.

Schreiber hat die CDU in die schwerste Krise ihrer Geschichte gestürzt: Alt-Bundeskanzler Kohl verlässt frühzeitig eine Pressekonferenz zur CDU-Spendenaffäre, die er zusammen mit dem damaligen Parteichef Schäuble und der damaligen Generalsekretärin Merkel gegeben hatte.

(Foto: dpa)

Mit Hilfe von Tarnfirmen soll Schreiber über ein System von Schweizer Tarnkonten Schmiergelder in Millionenhöhe an einflussreiche Politiker und Industrielle verteilt haben. So übergab er 1991 dem damaligen CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep auf einem Parkplatz eine Millionenspende in einem Koffer. Dies gilt als Beginn des CDU-Spendenskandals, der erst 1999 aufgedeckt wurde. Kohl gab daraufhin zu, zwischen 1993 und 1998 Spenden in Höhe bis zu zwei Millionen Mark angenommen und nicht rechtmäßig der Parteikasse zugeführt zu haben.

Der ehemalige Verteidigungsstaatssekretär Holger Pfahls gab zu, von Schreiber 3,8 Millionen Mark Schmiergeld für Hilfe beim Verkauf von Fuchs-Transportpanzern nach Saudi-Arabien angenommen zu haben. Der damalige CDU-Vorsitzende Wolfgang Schäuble musste einräumen, 1994 bei einem Essen in einem Bonner Hotel von Schreiber 100.000 Mark in bar angenommen zu haben. Auch dieser Betrag wurde nicht rechtmäßig auf den Parteikonten verbucht. Die Affäre kostete Schäuble das Amt des Parteivorsitzenden: Er verzichtete auf eine Wiederwahl - zur neuen CDU-Vorsitzenden wurde Angela Merkel gewählt, die nun seit 2005 auch Bundeskanzlerin ist.

Schreiber ist neben Pfahls die schillerndste Figur der Spendenaffäre: Anders als Schreiber tauchte Pfahls im Mai 1999 unter und floh rund um den Globus, bis er 2004 in Paris gefasst wurde. Ein Jahr später wurde er nach einem umfassenden Geständnis unter anderem wegen Steuerhinterziehung zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt und unter Anrechnung seiner Auslieferungshaft in Frankreich nach nur dreizehneinhalb Monaten freigelassen.

Quelle: ntv.de, hdr/dpa

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