Politik

"Rote-Socken-Kampagne" Hamburger SPD hat Angst

In Hamburg kommt die "Rote-Socken-Kampagne" nicht von der CDU. Es ist vielmehr die SPD mit ihrem Spitzenkandidaten Michael Naumann, die wenige Wochen vor der Bürgerschaftswahl gegen die Linke zetert. Natürlich heißt die Aktion bei den Sozialdemokraten "Informationsoffensive" oder "Postkarten- Aktion". Das Ergebnis ist jedoch ähnlich: "Jede Stimme an die Linkspartei ist (...) eine verlorene Stimme", sagt SPD-Chef Ingo Egloff. Oder er erklärt: "Wer Linkspartei wählt, kann auch gleich CDU wählen." Und Naumann, beurlaubter Mitherausgeber der Wochenzeitung "Die Zeit" und früherer Kulturstaatsminister in der Regierung Schröder, sagt über die "Selbsterfahrungsgruppe": "Wer die Linkspartei unterstützt, hält Herrn (Ole) von Beust im Amt."

Vier Wochen nach den Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen sind am 24. Februar die Hamburger aufgerufen, eine neue Bürgerschaft zu wählen. Umfragen sagen bereits voraus, dass danach ähnliche Verhältnisse wie in Hessen herrschen könnten. Danach könnte die CDU ihre absolute Mehrheit verlieren, die SPD hinzugewinnen und die Partei Die Linke in die Bürgerschaft kommen. Nach dem Einzug der Linken in die Landtage von Hessen und Niedersachsen - und damit erstmals in Parlamente westdeutscher Flächenstaaten - hofft Hamburgs Spitzenkandidatin Dora Heyenn gar auf ein zweistelliges Ergebnis.

Nun ist der Groll der SPD auf die Linke mit ihrem Vordenker - der gefallenen SPD-Lichtgestalt Oskar Lafontaine - altbekannt. Neu ist aber die Heftigkeit, mit der sie in der Hansestadt von so manchem Sozialdemokrat vorgetragen wird. Für die SPD geht es aber auch um viel. Noch vor einem Jahr war die Partei am Boden, hatte sie sich doch durch Personalquerelen, verschwundene Stimmzettel bei einer Mitgliederbefragung zur Spitzenkandidatur und dem folgenden Rücktritt des gesamten Vorstands beinahe selbst zerlegt.

"Als Andrea Ypsilanti angetreten ist, lag die SPD in Hessen bei 29 Prozent. Mit diesem Prozentsatz bin ich auch in Hamburg im März 2007 gestartet. Jetzt liegen wir laut Umfragen zwischen 37 und 38 Prozent", sagt Naumann nicht ohne Stolz. Die Linke könnte aber allein durch den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde Naumanns rot-grüne Wunschkoalition blockieren. Die SPD - 44 Jahre Regierungspartei in Hamburg - wäre wieder zur Opposition verdammt. Eine Tolerierung durch die Linkspartei hat sie bereits ausgeschlossen.

Die derzeit alleinregierende CDU tut sich da ein wenig leichter, auch wenn Bürgermeister Beust seinen Wahlstrategen schon Verdruss bereitet hat. Er hat bereits mehrfach kundgetan, dass er im Falle einer Wahlniederlage aus der Politik ausscheiden wird - und das beim erklärte Wahlziel "Erhalt der absoluten Mehrheit". Zudem trieb er etlichen Anhängern den Schweiß auf die Stirn, da er im Gegensatz zu Naumann, der schon seit rund einem Jahr wahlkämpfend durch die Stadt tourt, erst vier Wochen vor der Wahl ins Geschehen eingestiegen ist.

Dennoch: Anders als sein hessischer Kollege Roland Koch (CDU), der wohl mit seinem polarisierenden Wahlkampf nicht nur einen Gutteil seiner Wähler vertrieben hat, sondern mit Ausnahme der FDP auch alle anderen Parteien gegen sich aufbrachte, hat Beust längst eine "Exit- Strategie". Denn für den Fall, dass die CDU die absolute Mehrheit verfehlt und auch dem Wunschpartner FDP wieder der Sprung in die Bürgerschaft nicht gelingt, hat Beust bereits bei den Grünen erste Anbahnungsversuche unternommen. Eine große Koalition ist für Beust nur eine "ultima ratio" und kommt auch für Naumann nicht infrage.

Die Grünen, in Hamburg GAL genannt, haben Beusts Avancen zwar postwendend eine Abfuhr erteilt. Gleichwohl schließen sie zur Verhinderung einer großen Koalition spätere Gespräche nicht aus, was schon als eine zarte Annäherung für ein erstes schwarz-grünes Bündnis auf Landesebene gewertet wird. Überhaupt gilt für die Regierungsbildung: Ohne die GAL geht nichts, mit ihr vieles, sofern sie ihr Wahlergebnis von 2004 mit gut zwölf Prozent bestätigt.

Von Markus Klemm, dpa

Quelle: ntv.de

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