Politik

Alkohol und Tabak gestrichen Hartz-IV-Erhöhung nur geringfügig

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(Foto: dpa)

Es sieht nicht gut aus für die gut 6,5 Millionen Hartz-IV-Empfänger: Die Koalition will ihre Hilfssätze offenbar um nicht mal 20 Euro erhöhen. Ein zaghaftes Dementi kommt aus Berlin: Der Gesetzentwurf werde am Montag vorgestellt, so Regierungssprecher Seibert: "Es hat mit Sicherheit keine Vorfestlegung gegeben."

Die Hartz-IV-Unterstützung für Langzeitarbeitslose soll offenbar nur geringfügig steigen. Darauf haben sich nach Angaben der Deutschen Presseagentur die Ministerpräsidenten der Union mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verständigt. Angestrebt wird eine Erhöhung, die deutlich unter 20 Euro liegen soll. Derzeit beträgt der Hartz-IV-Regelsatz 359 Euro im Monat. Der Paritätische Wohlfahrtsverband hält nach eigenen Berechnungen eine Anhebung auf bis zu 420 Euro für erforderlich.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles forderte eine deutliche Erhöhung der Unterstützung. "Nach unseren Berechnungen muss der Hartz-IV-Regelsatz über 400 Euro liegen", sagte Nahles. "Alles andere ist künstlich heruntergerechnet." Das Vorhaben von Union und FDP, die neuen Hartz- IV-Regelsätze am Sonntag im Koalitionsausschuss festzulegen, bezeichnete Nahles als "Geschacher auf dem Rücken der Schwächsten".

Schwarz-Gelb will die neuen Regelsätze am kommenden Sonntag im Koalitionsausschuss festzurren.

Schwarz-Gelb will die neuen Regelsätze am kommenden Sonntag im Koalitionsausschuss festzurren.

(Foto: dpa)

Die Kanzlerin war wie üblich am Vorabend der Bundesratssitzung mit den Länder-Regierungschefs der Union zusammengekommen. Nach den Absprachen sollen künftig die Ausgaben für Alkohol und Tabak aus der Berechnung des Grundbedarfs für Hartz-IV-Empfänger herausgenommen werden, hieß es. "Es wird keine 40 Euro mehr geben. Die Anhebung wird weit unter der Hälfte dieses Betrags liegen", sagte ein Teilnehmer der Gesprächsrunde.

Zaghaftes Dementi

Nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums sind die Berechnungen zur Höhe der Hartz-IV-Sätze noch nicht abgeschlossen. Die letzten Zahlen seien am Donnerstag eingetroffen, die Berechnungen würden jetzt fertiggestellt, sagte ein Ministeriumssprecher in Berlin. Auf die Frage, ob bei der Berechnung der neuen Hartz-IV-Regelsätze die Posten für Alkohol und Tabak gestrichen werden, äußerte sich der Sprecher nicht. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte mit Blick auf Berichte, wonach die Sätze weniger als 20 Euro steigen sollen: "Es hat mit Sicherheit keine Vorfestlegung gegeben."

Seibert bestätigte aber, dass das Thema am Donnerstagabend bei dem traditionellen Kamingespräch von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Unionsministerpräsidenten im Vorfeld der Bundesratssitzung besprochen worden sei. Der Gesetzentwurf mit den Zahlen werde am Montag vorgestellt.

Am Sonntag kommt der Koalitionsausschuss von Union und FDP in Berlin zusammen. Dabei will sich das Regierungslager auch auf die künftigen Hartz-IV-Regelsätze verständigen. Das Verfassungsgericht hatte im Februar eine transparentere Neuberechnung verlangt. Das Gesetz, das Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) dazu vorbereitet, muss allerdings auch vom Bundesrat gebilligt werden. Dort hat Schwarz-Gelb keine Mehrheit mehr.

Keine Mehrausgaben

Die Haushaltspolitiker der Koalitionsfraktionen verlangen, dass notwendige Mehrausgaben wegen der Neuberechnung der Hartz-IV-Sätze durch Einsparungen an anderen Stellen im Etat des Arbeitsministeriums erbracht werden. Dies sagte der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Norbert Barthle (CDU), der "Berliner Zeitung".

Als "frisches Geld" stünden nur die 480 Millionen Euro zur Verfügung, die im Haushalt für die Bildungsförderung von Kindern von Langzeitarbeitslosen vorgesehen ist, sagte Barthle weiter. Auch der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Otto Fricke, forderte, dass von der Leyen eventuelle Mehrausgaben aus dem eigenen Haushalt stemmen müsse. Er bezog dabei auch die Ausgaben für die von der Ministerin angestrebte Bildungs-Chipkarte ein.

Wohlfahrtsverband warnt vor Verfahren

Die Bundesverfassungsgericht hatte in seinem Urteil vom Februar verlangt, bei der Neuberechnung insbesondere auch die Bedürfnisse der Kinder von Langzeitarbeitslosen zu berücksichtigen. Dabei geht es nicht nur um Bildungskosten wie notwendige Nachhilfe, sondern auch um die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gleichaltriger Kinder, wie Mitgliedschaft in Sportvereinen oder Schwimmbad- und Museumsbesuche. Die nach dem Urteil von der Koalition dafür vorgesehenen 480 Millionen Euro wurden in einem Sonderhaushalt von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) geparkt.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband warnte die Regierung erneut vor einer "politisch willkürlichen Entscheidung" bei den neuen Regelsätzen. Dies würde "im Ergebnis erneut zu einem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht führen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Ulrich Schneider, der "Leipziger Volkszeitung". Eine "korrekte Neuberechnung" nach den Vorgaben des Gerichtes müsse zu einer deutlichen Steigerung führen. Ein Regelsatz unter 400 Euro "wäre mindestens erstaunlich, wenn nicht kleingerechnet".

CSU warnt

Das CSU-Präsidium hatte sich dagegen am Donnerstag gegen eine zu starke Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze ausgesprochen. Eine Koppelung an die Entwicklung der Löhne und Preise - wie sie von der Leyen plant - hält CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt für nicht sachgerecht, weil dies die Rentner benachteilige. "Bei der Neuregelung von Hartz IV dürfen nicht die Regelsätze auf die Überholspur gesetzt werden, und die Renten bleiben auf der Standspur", sagte Dobrindt.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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