Politik

Zweiter Anlauf fürs Betreuungsgeld Herz und Hirn und harte Worte

Kritiker des Betreuungsgeldes vermuten ein veraltetes Familienbild hinter der Zahlung.

Kritiker des Betreuungsgeldes vermuten ein veraltetes Familienbild hinter der Zahlung.

(Foto: REUTERS)

Der "Kulturkampf" um das Betreuungsgeld wird nun im Bundestag ausgetragen. Familienministerin Schröder bringt den Gesetzentwurf der schwarz-gelben Koalition ein und verteidigt das Vorhaben vehement. Ausgerechnet von Koalitionspartner kommt anschließend leidenschaftlicher Widerspruch.

Ministerin Schröder wurde leidenschaftlich.

Ministerin Schröder wurde leidenschaftlich.

(Foto: dpa)

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) hat die Kritik der Opposition am Betreuungsgeld entschieden zurückgewiesen. Diese führe eine Kampagne gegen die geplante Leistung und habe damit "hunderttausende Eltern beleidigt", sagte Schröder in der ersten Lesung zum Betreuungsgeld im Bundestag. Eltern sollten dabei unterstützt werden, die Betreuung ihrer Kinder so zu organisieren, wie sie es für richtig hielten.

"Wir brauchen den Kita-Ausbau und das Betreuungsgeld", sagte Schröder. Nur beides zusammen ergebe Wahlfreiheit. Wer sein Kind mit einem Jahr in die Kita schicke, "ist nicht herzlos". Wer es nach dem ersten Geburtstag zu Hause erziehe, "ist nicht hirnlos". "Alle Eltern verdienen unseren Respekt", sagte die Familienministerin.

Schröder warf der Opposition "Herabwürdigung von Familien mit anderen Wertvorstellungen" vor. Es sei anmaßend, Familien zu verurteilen, die ihre ein- und zweijährigen Kinder selbst betreuen und nicht in eine Kita geben wollten, sagte Schröder. Sie forderte die Opposition auf, "das Schlachtfeld des ideologischen Kulturkampfes zu verlassen".

Die Ministerin verwies darauf, dass 97 Prozent der Eltern für ihre unter einjährigen Kinder das Erziehungsgeld nutzen. Auch über den Kindergartenbesuch der über Dreijährigen bestehe breiter gesellschaftlicher Konsens. Beim Betreuungsgeld gehe es auch darum, unterschiedliche Wertvorstellungen von Familien zu respektieren.

FDP will Generationengerechtigkeit

Innerhalb der Bundesregierung pocht vor allem die CSU auf eine Einführung, in den Reihen der FDP wird es teilweise sehr kritisch gesehen. Die Opposition lehnt die neue Familienleistung vehement ab. Das Betreuungsgeld sei eine "Leistung auf Pump, die scheinbar keiner so recht will in Deutschland", sagte die familienpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Miriam Gruß, zu den Überlegungen ihrer Partei. Daher lohne es, das Betreuungsgeld genau zu durchleuchten.

Gruß verwies darauf, dass sowohl Wirtschaft wie auch Verbände, Kirchen und die OECD Bedenken gegen die Leistung hätten. "Daher ist es uns wichtig, dass wir uns zusammensetzen, dass wir miteinander sprechen über diesen Gesetzentwurf." Als ein Maßstab müsse dabei die Generationengerechtigkeit gelten. "Denn auf Schuldenbergen können keine Kinder spielen und erst recht nicht lernen", fügte die FDP-Politikerin hinzu. Weitere Maßstäbe müssten die Chancen- und Geschlechtergerechtigkeit bilden.

"Falscher Weg"

Die SPD fürchtet mit dem Betreuungsgeld vor allem neue Barrieren für eine gute und frühe Integration von Migrantenkindern. "Es ist der absolut falsche Weg, um Kinder in Deutschland unabhängig von ihrer Herkunft von Anfang an zu fördern", sagten die SPD-Vize-Vorsitzenden Manuela Schwesig und Aydan Özoguz in einer gemeinsamen Erklärung. Die Mittel für das Betreuungsgeld müssten in den notwendigen Ausbau und die Qualität von Kitaplätzen in ganz Deutschland investiert werden.

Ein Bündnis von katholischen und konservativen Familien- und Elterngruppen warb hingegen für das Betreuungsgeld. "Neben der einseitig staatlich geförderten Krippenbetreuung muss auch die individuell organisierte Kleinkindbetreuung eine, wenigstens kleine, finanzielle Anerkennung erfahren", heißt es in einem Aufruf mit dem Titel "Ja zum Betreuungsgeld". Dies sei ein entscheidender Schritt hin zur benötigten echten Wahlfreiheit für Eltern.

Auf der Gegenseite habe sich auch die Oppositionsparteien, Gewerkschaften, Kinderschutzbund und Arbeiterwohlfahrt zu einem Bündnis gegen das Betreuungsgeld formiert. "Wir brauchen keine Anreize, Kinder von zusätzlicher Förderung fernzuhalten und vor allem Frauen den Wiedereinstieg in den Beruf zu erschweren", heißt es in einem Aufruf.

Die Debatte im Bundestag hätte eigentlich schon vor zwei Wochen stattfinden sollen, wurde aber wegen mangelnder Beschlussfähigkeit des Plenums abgesagt. Verabschiedet werden soll das Betreuungsgeld erst nach der Sommerpause. Die Pläne der schwarz-gelben Bundesregierung sehen vor, dass Eltern, die ihre Kinder im zweiten Lebensjahr nicht in einer öffentlichen Kita betreuen lassen, ab Januar kommenden Jahres 100 Euro pro Monat als eine Anerkennung erhalten. 2014 soll die Leistung auf 150 Euro erhöht und auf Kinder im dritten Lebensjahr ausgeweitet werden.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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