Politik

"Wir sind gegen Piraten" Islamisten in Stellung

Somalische Islamisten bereiten nach eigenen Angaben einen Angriff auf die Piraten vor, die vor der Küste des Landes einen saudiarabischen Supertanker in ihrer Gewalt halten. "Wir haben unsere Kämpfer in Stellung gebracht", sagte ein Sprecher der Extremisten, Scheich Abdirahim Isse Adow. "Wir sind gegen Piraten." Als erster Schritt sollten die Versorgungs- und Kommunikationswege zwischen den Piraten auf dem Schiff und ihren Komplizen an Land unterbrochen werden. Rebellensprecher Adow sagte zur Lage im Küstengebiet: "Wir haben Harardhere unter Kontrolle, es wäre unmöglich für Piraten, sich dort zu verstecken."

Aktueller Anlass ist die spektakuläre Kaperung des saudischen Supertankers "Sirius Star" vor einer Woche im Indischen Ozean. Das Schiff mit Öl im Wert von 100 Millionen Dollar an Bord liegt seit Dienstag vor dem somalischen Piratenschlupfwinkel Haradhere in der halbautonomen Region Puntland vor Anker. Die Islamisten begründen ihre Angriffspläne damit, dass es sich bei dem Öltanker um ein "muslimisches" Schiff handele.

Zudem nahm die Piraterie 2006 während der nur wenige Monate dauernden Herrschaft der sogenannten Union der Islamischen Gerichte in der Hauptstadt Mogadischu wie in weiten Teilen des Landes ab. Die Islamisten waren von Regierungssoldaten mit Hilfe von Äthiopien Anfang 2007 vertrieben worden. Seit kurzen stehen ihre Kämpfer, die den Großteil des Landes zurückerobert haben, jedoch wieder vor den Toren der Stadt.

Andererseits hieß es aber auch, eine Gruppe Islamisten sei mit den Piraten zusammengekommen und habe eine Beteiligung an einem Lösegeld gefordert. Es gebe aber noch keine Abmachung. Die Piraten wie die Aufständischen haben das zurückgewiesen, und Medienberichte legen nahe, dass die Seeräuber das erpresste Geld eher verwenden, um selbst in Saus und Braus zu leben und ihre eigene Ausrüstung zu verbessern.

Die Islamisten kämpfen seit fast zwei Jahren gegen die vom Westen unterstützte Regierung in Somalia. In Somalia existiert seit 1991 kein funktionierender Zentralstaat mehr. Die Piraten nutzen den rechtlosen Raum, um immer größere Schiffe zu kapern und für sie Lösegeld zu fordern. Die Entführung der "Sirius Star" weit vor der Küste gilt als die bisher größte dieser Art und hat in der Reedereibranche weltweit noch mehr Besorgnis ausgelöst.

Piraten jammern über Unkosten

Die somalischen Piraten beschwerten sich indes einer Zeitung zufolge über die horrenden Kosten, die mit der Entführung des saudi-arabischen Supertankers verbunden gewesen seien. Die Verschleppung der "Sirius Star" habe 500.000 Dollar verschlungen, sagte ein gewisser Dschamii Adam der arabischen Zeitung "Asharq al-Awsat". Der Betrag sei für Gehälter und Hinweise ausgegeben worden. Daher sei das geforderte Lösegeld auch keineswegs überzogen. Wie viel die Piraten für die Rückgabe des Öl-Tankers verlangen, verriet er nicht. Angeblich soll es sich um 25 Millionen Dollar handeln. Von offiziellen Stellen ist das bisher aber dementiert worden.

Laut CNN wurden in den vergangenen zwölf Monaten mehr als 150 Millionen Dollar an Piraten am Horn von Afrika gezahlt. Diese Zahl habe der kenianische Außenminister Moses Wetangula genannt. Derzeit seien 17 Schiffe in der Gewalt von Piraten, so der Sender.

Schiff freigelassen

Unterdessen haben die Piraten einen griechischen Tanker und seine 19-köpfige Besatzung freigelassen. Nach Angaben der griechischen Küstenwache handelte es sich um den 9000 Tonnen großen Tanker "Genious". Ein Sprecher sagte: "Alle Besatzungsmitglieder sind frei. Ob die Reederei Lösegeld gezahlt hat, können wir nicht sagen." Der unter der Flagge Liberias fahrende Tanker war Ende September vor der Küste Somalias gekapert worden. Die Besatzung stammt aus Rumänien.

Dem ägyptischen Suez-Kanal drohen nach Einschätzung von Kreisen des Kanalbetreibers Geschäftseinbußen wegen der immer stärker um sich greifende Piraterie. Große Reedereien meiden zunehmend das Gewässer südlich des Meerweges, der das Mittelmeer mit dem Roten Meer verbindet: So schickt die dänische Reederei A.P. Moller-Maersk einige ihrer 50 Öltanker auf die Strecke über das Kap der Guten Hoffnung statt durch den Suez-Kanal. Auch andere Schifffahrtsunternehmen wie die norwegische Frontline erwägen ähnliche Schritte.

Bundesregierung entscheidet im Dezember

Die Bundeswehr steht vor ihrem ersten großen internationalen Einsatz gegen Piraten vor der Küste Somalias. Komplizierte Rechtsfragen zu den Befugnissen der Soldaten innerhalb der geplanten EU-Mission seien aber noch offen - die zuständigen Bundesministerien bemühten sich intensiv um Klärung, sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg. Politiker von SPD und FDP sehen dagegen gar keinen Regelungsbedarf, da ein Anti-Piraten-Einsatz bereits rechtlich gedeckt sei.

Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) dringt auf ein europäisches Mandat mit einer klaren Rechtsgrundlage für den Kampf gegen die Piraten vor der Küste Somalias. "Es muss ein robustes Mandat sein, das zur Abschreckung beiträgt und ein wirkungsvolles Handeln ermöglicht", sagte Jung der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Damit könnte die deutsche Marine auch mit Waffengewalt gegen Piraten vorgehen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte: "Angesichts der immer größeren Dreistigkeit der somalischen Piraten müssen wir dringend handeln. Wir brauchen endlich wieder sichere Seewege am Horn von Afrika."


Die Bundesregierung will die geplante Militär-Mission der EU mit einer Fregatte unterstützen. Rechtliche Unklarheiten bestehen aber vor allem über die Befugnisse der deutschen Marinesoldaten - etwa, ob sie Polizeiaufgaben wie Verhaftungen übernehmen dürfen. Nach dem Grundgesetz sind die Aufgaben von Soldaten und Polizisten eindeutig getrennt.

Das Bundeskabinett wird nach Stegs Angaben am 3. oder am 10. Dezember über die Beteiligung der deutschen Marine an der Bekämpfung der Piraterie entscheiden. Der Bundestag könnte dann noch vor Weihnachten darüber beschließen. Die Europäische Union (EU) startet die Mission am 8. Dezember mit fünf bis sieben Schiffen sowie Aufklärungsflugzeugen.

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Quelle: ntv.de

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