Politik

"Große Sorge" in Kundus Jung besucht die Truppe

Knapp eine Woche nach dem tödlichen Anschlag auf die Bundeswehr in Kundus hat Verteidigungsminister Franz Josef Jung das deutsche Feldlager in der nordafghanischen Stadt besucht. Die Lage in der Region sei "zur Zeit sehr angespannt", sagte Jung.

Wenn die Soldaten wüssten, dass Selbstmordattentäter in der Region unterwegs seien und Sprengfallen drohten, "dann besteht natürlich eine große Sorge". Er sei "wirklich dankbar und auch ein Stück stolz" auf die Soldaten. Jung zeigte sich betroffen über den Tod von drei Zivilisten bei einem Zwischenfall mit der Bundeswehr am vergangenen Donnerstag.

Bundeswehr will Blutrache vermeiden

Die Staatsanwaltschaft Potsdam teilte unterdessen mit, es seien Ermittlungen gegen einen Bundeswehr-Soldaten eingeleitet worden. Ihm werde Totschlag vorgeworfen.

Die Bundeswehr hofft auf eine Aussöhnung mit den Angehörigen der Opfer, um keinen Anlass für eine Blutrache entstehen zu lassen. In Bundeswehrkreisen in Kundus hieß es, es liefen Gespräche über eine finanzielle Entschädigung, eine Zahlung habe jedoch noch nicht stattgefunden. Es gebe lediglich Signale, dass eine solche Entschädigung als Wiedergutmachung akzeptiert werden könne. Die "Welt" berichtete, die Bundeswehr zahle an die Familie der Erschossenen eine Entschädigung.

Bei einer Pressekonferenz mit dem paschtunischen Stammesführer Hadschi Amanullah Otmansai und Provinzgouverneur Mohammad Omar versicherte Jung, die Bundeswehr werde alles daran setzen, zivile Opfer zu vermeiden. Otmansai hat zwischen der Familie der Opfer und der Bundeswehr vermittelt. Bei dem Zwischenfall an einer Straßensperre der Bundeswehr waren versehentlich eine Frau und zwei Kinder erschossen worden, als ihr Wagen trotz Aufforderung nicht gestoppt hatte. Jung sagte: "Ich habe unsere Betroffenheit und unser Mitgefühl zum Ausdruck gebracht."

Gouverneur dankt den Deutschen

Der Gouverneur von Kundus dankte Jung für das Engagement der Deutschen und bat ihn um eine Fortsetzung des Militäreinsatzes. "Wir brauchen diese Hilfe. Sie ist Garant für Stabilität, und wir dürfen uns nicht durch Terroristen einschüchtern lassen", sagte Omar nach dem Treffen mit Jung im deutschen Feldlager. Lasse man die Extremisten gewähren, greife die Gefahr am Ende auch auf Deutschland über. Er wisse, dass die Soldaten die Frau und zwei Kinder an der Kontrollstelle nicht mit Absicht getötet hätten. Der Gouverneur bedauerte auch den Tod des deutschen Soldaten in Kundus.

Nervosität bei deutschen Soldaten

Am vergangenen Mittwoch war ein 29 Jahre alter Hauptfeldwebel bei einem Anschlag auf seine Patrouille getötet worden. Die Angst vor neuen Angriffen löst unter den Soldaten zunehmend Nervosität aus. Einige berichteten, die Stimmung im Feldlager sei "angespannt".

Seit Beginn des Einsatzes der Bundeswehr vor sechs Jahren sind 28 deutsche Soldaten der internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF ums Leben gekommen. In diesem Jahr wurden auf die Bundeswehr in Afghanistan bislang knapp 30 Anschläge verübt.

Jungs Reise war aus Sicherheitsgründen geheim gehalten worden. Die Lage in der Provinz Kundus hat sich nach deutschen und afghanischen Angaben extrem verschlechtert. Jung sagte, die Soldaten seien "trotz dieser angespannten Lage auch gut motiviert". Er hoffe, dass das Ziel, ein sicheres Umfeld zu schaffen, "alsbald erreicht wird". Erneut ließ der Verteidigungsminister Probleme bei der Polizeiausbildung durchblicken. Hier seien "eine zusätzliche Unterstützung und bessere Koordinierung zwischen den verschiedensten Verantwortlichen" wünschenswert.

Quelle: ntv.de

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