20 Euro mehr pro Kind Kabinett verteilt Milliarden
09.11.2009, 17:39 Uhr
Nicht alle profitieren von der Erhöhung des Kindergelds.
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Die Bundesregierung zeigt sich freigebig: Auf einer vorgezogenen Kabinettssitzung beschließt sie Entlastungen für Eltern, Unternehmen, Erben und die Hotelbranche um jährlich bis zu 8,5 Milliarden Euro von 2010 an. Allerdings: Wer ohnehin arm ist, dem nützt auch das erhöhte Kindergeld nichts.
Nach der Sitzung gaben die Fraktionen von Union und FDP für die Veränderungen grünes Licht. Der enge Zeitplan soll die Entlastungen durch eine endgültige Verabschiedung in Bundestag und Bundesrat noch in diesem Jahr zu ermöglichen. Der Entwurf für das sogenannte Wachstumsbeschleunigungsgesetz ist das dritte Konjunkturpaket, das Deutschland innerhalb eines Jahres gegen die Krise auflegt.
Am stärksten profitieren Familien, die von Januar an jährlich rund 4,6 Milliarden Euro mehr in der Tasche haben. So soll der jährliche Kinderfreibetrag von 6024 auf 7008 Euro angehoben werden. Das monatliche Kindergeld soll um jeweils 20 Euro erhöht werden - also auf 184 Euro für das erste und zweite Kind, für das dritte Kind auf 190, für das vierte und weitere Kinder auf je 215 Euro monatlich.
Mehrwertsteuer für Übernachtungen sinkt

Hoteliers können sich über die Steuersenkungen freuen.
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Vor allem auf Druck der CSU sollen auch Hotels, Pensionen oder Gasthöfe entlastet werden. Sie sollen für Übernachtungen statt 19 Prozent Mehrwertsteuer nur noch sieben Prozent zahlen. Dieses Steuerprivileg kostet den Staat Einnahmeausfälle von fast einer Milliarde Euro. Kritiker solcher Steuernachlässe monieren, dass die Vergünstigungen selten komplett an Verbraucher in Form günstigerer Preise weitergereicht werden und lediglich die Anbieter profitieren. Die CSU begründet die Pläne mit dem europäischen Wettbewerb.
Für Firmen sind weitere Steuersenkungen von fast 2,4 Milliarden Euro geplant. Die Unternehmenssteuerreform von 2008 wird korrigiert. Instrumente, mit denen die niedrigeren Firmensteuern finanziert und Einnahmeverluste für den Staat verhindert werden sollten, werden wegen der Krise entschärft oder abgeschafft. Zudem werden Geschwister, Nichten und Neffen bei der Erbschaftsteuer entlastet.
Schon die schwarz-rote Vorgängerregierung hatte Steuerentlastungen von bis zu 14 Milliarden Euro vom kommenden Januar an beschlossen. Allein Arbeitnehmer haben fast 10 Milliarden Euro mehr Geld, weil die steuerliche Absetzbarkeit von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung verbessert wurde. Union und FDP planen von 2011 an weitere Entlastungen und eine Einkommensteuerreform. Insgesamt strebt Schwarz-Gelb Steuersenkungen von jährlich bis zu 24 Milliarden an.
Kritik von CDU-Ländern
Aus den Bundesländern und von Kommunalverbänden kam zuletzt massiv Kritik an den Steuersenkungsplänen der neuen Koalition. Auch CDU-geführte Landesregierungen verweisen auf die zusätzlichen Einnahmeausfälle in ihren Etats. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte zuletzt eine faire Lastenteilung zugesagt.
Von den bis zu 8,48 Milliarden Steuerausfällen im Jahr entfallen laut dem Gesetzentwurf 4,63 Milliarden Euro auf den Bund. Rund 2,28 Milliarden müssen die Länder schultern und etwa 1,57 Milliarden die Gemeinden. Es wird erwartet, dass die Entlastungen nicht schon 2010 voll wirksam werden. Sie werden zunächst mit knapp 6,1 Milliarden veranschlagt. Schon 2011 sollen sie dann auf mehr als 8,2 Milliarden klettern und in den Folgejahren nochmals steigen.
"Reine Klientelpolitik"

Renate Künast kritisiert die "Klientelpolitik".
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Scharfe Kritik an den Steuerbeschlüssen kam von den Grünen. "Schwarz-Gelb betreibt reine Klientelpolitik. Die Steuern sollen für Reiche gesenkt werden, wachsende Kinderarmut nimmt Schwarz-Gelb billigend in Kauf", sagte Renate Künast, Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion. Die geplante Erhöhung der Kinderfreibeträge öffne "die Schere zwischen armen und reichen Kindern immer weiter". Höhere Kinderfreibeträge würden nur den Gut- und Höchstverdienern nutzen. Vom erhöhten Kindergeld werde kein Cent bei Hartz-IV-Beziehern landen, weil das Kindergeld voll angerechnet werde.
"Eine gute und gerechte Kinderpolitik sieht anders aus: Sie muss alle Kinder gleich behandeln und vor allem in gute Bildung und Entwicklung investieren", sagte Künast. "Viele und gute Kindergartenplätze, mehr Personal und gutes Essen, das brauchen Deutschlands Kinder."
Quelle: ntv.de, ghö/dow jones/AFP/dpa