Politik

Köhler nur bei deutschen Soldaten Kabul fühlt sich brüskiert

Die afghanische Regierung reagiert auf den Besuch des deutschen Staatsoberhaupts frustriert. Köhlers Visite sei vergleichbar mit einem Besuch von US-Präsident Obama in einer US-Kaserne in Deutschland, ohne Bundeskanzlerin Merkel zu treffen.

Bundespräsident Köhler war mit seiner Frau Eva Luise nur im Bundeswehrfeldlager Camp Marmal in Masar-i-Scharif.

Bundespräsident Köhler war mit seiner Frau Eva Luise nur im Bundeswehrfeldlager Camp Marmal in Masar-i-Scharif.

(Foto: dpa)

Der Besuch von Bundespräsident Horst Köhler bei den deutschen Soldaten in Afghanistan hat dem Vernehmen nach für Irritationen bei der afghanischen Regierung gesorgt.

Wie aus Kabul verlautete, wurde die afghanische Regierung kaum 48 Stunden vorher von dem geplanten Besuch informiert. Vor allem reiste Köhler entgegen den protokollarischen Gepflogenheiten nicht in die Hauptstadt Kabul, um Präsident Hamid Karsai zu treffen. Er beschränkte seinen Aufenthalt auf das Bundeswehr-Feldlager in Masar-i-Sharif.

Das Staatsoberhaupt hatte am Freitag auf dem Rückweg aus China die deutschen Soldaten in Nordafghanistan besucht und ihnen seine Unterstützung zugesichert. Köhlers Pläne waren aus Sicherheitsgründen bis zuletzt geheim gehalten worden. Möglicherweise schätzten die Sicherheitsexperten des Bundespräsidenten einen Besuch in der afghanischen Hauptstadt als zu gefährlich ein.

Vergleich mit Clinton und Obama

In Kabul hieß es, selbst der Besuch von US-Außenministerin Hillary Clinton bei der Afghanistan-Konferenz in der Hauptstadt am 20. Juli sei schon jetzt angekündigt. Auch US-Präsident Barack Obama sei bereits in Kabul gewesen. Im Übrigen sei Köhlers Visite vergleichbar mit einem Besuch Obamas in einer US-Kaserne in Deutschland, ohne Bundeskanzlerin Angela Merkel zu treffen.

Die afghanische Regierung wertet reine Truppenbesuche von Staats- und Regierungschefs als Geringschätzung der afghanischen Souveränität. Die ausländischen Truppen bemühen sich, den von den Taliban verbreiteten Eindruck einer Besatzer-Armee zu verhindern.

Ein Besuch Köhlers bei Karsai in Kabul hätte die einmalige Chance geboten, die bilateralen Beziehungen deutlich zu verbessern, hieß es weiter. Eine solche Visite wäre von der afghanischen Seite angesichts der schwierigen Lage am Hindukusch - und auch angesichts der historischen Beziehungen beider Länder - sehr anerkannt worden.

Auch Merkel war nicht bei Karsai

Bei ihrem zweiten und bislang letzten Afghanistan-Besuch im April 2009 hatte Bundeskanzlerin Merkel ebenfalls nur die deutschen Truppen im Norden besucht, ohne Karsai ihre Aufwartung zu machen. Auch damals hatte die afghanische Regierung irritiert reagiert.

Köhler hatte erst am Donnerstag in einem eilends anberaumten Gespräch mit Karsai telefoniert und seinen Besuch am Tag darauf angekündigt. Der Präsidentenpalast hatte daraufhin trotz der strengen Geheimhaltung auf deutscher Seite eine Pressemitteilung herausgegeben, wonach Karsai die Behörden anwies, für Köhlers Unversehrtheit bei seinem Besuch im Norden zu sorgen. Ein Datum für Köhlers geheimen Besuch wurde in der Mitteilung zwar nicht genannt, ein baldiger Zeitpunkt lag aber auf der Hand.

Quelle: ntv.de, dpa

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