Politik

Zu viel teure Medikamente Kassen könnten Milliarden sparen

(Foto: picture alliance / dpa)

32 Milliarden Euro geben die Krankenkassen - und somit die Beitragszahler - im Jahr für Pillen, Salben und Tropfen aus. Nach dem Urteil von Experten könnten Milliarden problemlos und ohne Nachteile für die Patienten eingespart werden.

Die gesetzlichen Krankenkassen könnten bei den Arzneimitteln ohne Nachteile für Patienten 8,1 Milliarden Euro sparen. Dazu müssten die Ärzte laut Arzneiverordnungs-Report 2011 verstärkt auf preiswertere Medikamente umsteigen. Die nach wie vor oft hohen Arzneipreise in Deutschland müssten zudem insgesamt sinken. Das für 2010 errechnete Sparpotenzial mache fast ein Drittel des Gesamtumsatzes für Arzneimittel aus, sagte Herausgeber Ulrich Schwabe in Berlin.

Allein 4,1 Milliarden Euro könnten die Beitragszahler laut den Experten sparen, würden die Preise für die Medikamente, die durch Patente geschützt sind, auf britisches Niveau gesenkt. "Wir müssen so weit heruntergehen wie in Großbritannien", sagte Schwabe. Sein Arzneimittelreport gilt seit Jahren als Standardwerk der Branche.

Mit Generika lässt es sich sparen

So koste beispielsweise ein Medikament wie Humira gegen Arthritis mit 4393 Euro pro Packung in Deutschland fast doppelt so viel wie in England. Bei Generika - also Nachahmer-Präparaten nach Auslaufen des Patentschutzes - könnten 3,3 Milliarden Euro gespart werden, wenn britische Preise herangezogen würden.

Insgesamt seien die Arzneimittelausgaben 2010 aufgrund der Arznei-Rabattverträge mit Herstellern sowie durch gesetzliche Sparmaßnahmen deutlich schwächer gestiegen als im Vorjahr - nämlich um ein Prozent auf rund 32 Milliarden Euro. 18 Prozent der Ausgaben hätten die Kassen für Medikamente aufgewendet. Auf die Rabattverträge seien Einsparungen von rund 1,3 Milliarden Euro zurückzuführen.        

Trotz jahrelanger Mahnungen verordnen die Ärzte laut Report nach wie vor massiv teure Arzneimittel, wie Mitherausgeber Dieter Paffrath sagte. Dabei seien günstigere Varianten ohne Nachteile für die Patienten auf dem Markt. Obwohl laut Report die Gesamtzahl der verordneten Medikamente im Jahresvergleich nahezu konstant geblieben ist, stieg der Arznei-Umsatz der gesetzlichen Krankenkassen um 4,3 Prozent auf 29,7 Milliarden Euro. "Die einzelne Verordnung ist bei fast konstanter Menge teurer geworden", sagte der Vize-Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO), Helmut Schröder.

Umsatztreiber seien 2010 wie im Vorjahr die patentgeschützten Präparate gewesen. Damit hätten die Hersteller insgesamt 14,2 Milliarden Euro an Umsatz gemacht. Dies seien 7,5 Prozent mehr als 2009 gewesen.     

Neues Gesetz verhindert Preistreiberei

Der Arzneimittelpolitik der Koalition stellten die Experten ein überwiegend gutes Zeugnis aus. Das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG), das zu Jahresbeginn in Kraft trat, könne hohe Preise für neue Mittel ohne echten Zusatznutzen künftig weitgehend verhindern. "Das AMNOG bietet alle Chancen, das Preismonopol der Pharmaindustrie zu brechen", sagte der designierte AOK-Verbandschef Jürgen Graalmann.

Die Hersteller müssen den Zusatznutzen dieser Mittel gegenüber bisherigen Mitteln nun nachweisen - und der Preis richtet sich dann nach diesem Mehrwert. Krankenkassen und Hersteller sollen darüber verhandeln. Gibt es keinen Zusatznutzen, wird das Medikament unter gültige Obergrenzen für die Bezahlung durch die Kassen einsortiert. In ersten Fällen haben laut Graalmann Hersteller frisch eingeführte Mittel bereits vom Markt genommen oder mangels Erfolgsaussichten auf eine Nutzenbewertung verzichtet.

Quelle: ntv.de, dpa/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen