Politik

"Gesetzliche Grundlage fehlt" Kein Abhörzentrum in Köln

BKA-Präsident Jörg Ziercke hat die Einrichtung eines Abhörzentrums nach US-Vorbild abgelehnt. "Dafür fehlt die gesetzliche Grundlage", sagte er der "Welt". Das Bundeskriminalamt müsse angesichts der Vielzahl von Fällen im Bereich des Terrorismus und der Organisierten Kriminalität selbst entscheiden, wo es seine Prioritäten setze: "Das können wir nicht von einer anderen Behörde abhängig machen. Das amerikanische oder englische Modell kann nicht kopiert werden."

Das Bundesinnenministerium hatte vor drei Wochen nach einem "Spiegel"-Bericht bestätigt, dass neue Technik zur Telekommunikationsüberwachung beschafft werde. Die Anlage solle Anfang/Mitte 2009 stehen. Bisher unterhalten in Deutschland das BKA, das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), die Bundespolizei und der Bundesnachrichtendienst (BND) ihre eigene Abhörtechnik, dazu kommen entsprechende Einrichtungen der Bundesländer. Insgesamt sind laut "Spiegel" mehr als 75 Lauschanlagen in Betrieb. Vorbilder einer neuen zentralen Überwachungsbehörde könnten die amerikanische National Security Agency (NSA) oder das britische Government Communications Headquaters (GCHQ) sein.

Nur "rein technisches Servicezentrum"

Laut Ziercke ist in Köln ein "rein technisches Servicezentrum und ein Kompetenzzentrum von BKA, Bundespolizei und Nachrichtendiensten" geplant, damit im Anti-Terror-Kampf nicht jede Behörde für sich technisch aufrüsten müsse. Dabei werde das Trennungsgebot zwischen Polizei und Geheimdiensten "strikt eingehalten".

Ziercke lehnt Korrekturwünsche der SPD-Bundestagsfraktion am neuen BKA-Gesetz weitgehend ab. Darin sind für den Anti-Terror-Kampf Online-Durchsuchungen, bundesweite Rasterfahndungen und Videoüberwachungen von Wohnungen vorgesehen. "Man kann über einige Punkte sicher noch reden, aber aus meiner Sicht sind das keine gravierenden Änderungsvorschläge", sagte der BKA-Chef. Der Gesetzentwurf, der diese Woche ins Bundeskabinett kommen soll, beinhalte eines der modernsten Polizeigesetze: "Wir setzen Dinge um, die in den Landespolizeigesetzen längst Standard sind und verfeinern dies durch die Einarbeitung der jüngsten Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Mehr geht nicht."

Ausbildung für Anschläge in Deutschland

Der BKA-Präsident rechnet damit, dass Selbstmordattentäter im Ausland für Anschläge in Deutschland ausgebildet werden. "Das liegt von der Logik des Terrorismus nahe." Seit 2001 hätten rund 30 Kämpfer in ausländischen Terrorcamps eine Ausbildung absolviert. "In den letzten drei bis vier Jahren nehmen diese Fälle zu."

Ziercke forderte, die Ausbildung in solchen Camps unter Strafe zu stellen. "Kehren sie nach Deutschland zurück, können wir sie derzeit nur als Gefährder einstufen und beobachten", sagte der BKA-Chef. Zur Zahl der Gefährder, die sich in Deutschland aufhalten, sagte er: "Es ist eine hohe zweistellige Zahl, aber mit steigender Tendenz." Als neuen Trend des Terrorismus sieht Ziercke, dass junge Deutsche zum Islam konvertieren und sich dann radikalisieren. "Das zeigen die Reisen junger, stark radikalisierter Konvertiten nach Pakistan und Afghanistan."

Quelle: ntv.de

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