Proteste bei Sarkozy-Besuch Kein Druck auf Irland
21.07.2008, 20:00 UhrDie Europäische Union wird nach den Worten des französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy nicht versuchen, ihre Reformkrise durch Druck auf Irland zu überwinden. Zugleich dementierte Sarkozy nach von Protesten begleiteten Gesprächen mit der irischen Regierung in Dublin, dass er das Land zu einem neuen Referendum über den EU-Reformvertrag gedrängt habe.
"Ich habe niemals gesagt, dass Irland eine zweite Volksabstimmung organisieren muss", sagte Sarkozy. Der Wille des irischen Volkes werde respektiert. Allerdings habe er auch kein "Wunder" als Lösung für die Reformkrise der Europäischen Union anzubieten.
"Geduld und Verständnis"
Irland hatte am 12. Juni in einer Volksabstimmung den Vertrag von Lissabon mit 53,4 Prozent abgelehnt und die EU in eine schwere Krise gestürzt. Er werde darum kämpfen, dass die EU "mit allen 27 Mitgliedern nach vorn marschieren kann und niemand zurückgelassen wird", betonte Sarkozy bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem irischen Regierungschef Brian Cowen. Dieser hatte die EU-Partner zuvor zu "Geduld und Verständnis" in den kommenden Monaten aufgerufen.
Ein Ausweg aus der Reformkrise soll bei einem EU-Gipfel im Oktober erörtert werden. Zuvor wollen Cowen und Sarkozy sich im September erneut treffen. Europa brauche Irland, betonte Sarkozy. Und es habe Vertrauen in die Regierung Irlands unter Ministerpräsident Brian Cowen. Dem Vertrag, der die EU auf eine neue Grundlage stellen soll, müssen alle 27 EU-Staaten zustimmen, damit er in Kraft treten kann.
"Zuhören und verstehen"
Bei der Ankunft des EU-Ratsvorsitzenden hatten Hunderte Demonstranten ihrem Ärger darüber Luft gemacht, dass der französische Politiker ihrer Ansicht nach Irland bevormunden wolle. "Nein heißt Nein", riefen Teilnehmer der Protestaktion unter Hinweis auf die Ablehnung des EU-Reformvertrages bei der Volksabstimmung in Irland.
Sarkozy sprach auch mit Führern von Oppositionsparteien und Vertretern von Gruppen, die zur Stimmabgabe gegen den EU-Vertrag aufgerufen hatten. Im Vorfeld hatte Sarkozy für großen Unmut auf der Insel gesorgt, als er laut Medienberichten forderte, die Iren sollten in einem zweiten Referendum erneut über den Vertrag von Lissabon abstimmen. Um die Wogen zu glätten, betonte er später, dass er in Irland "zuhören und verstehen" wolle.
Quelle: ntv.de