Politik

Alleingang ist besser Kein Klima-Kompromiss

Deutschland müht sich weiter um konkrete Vereinbarungen der führenden Industrieländer für mehr Klimaschutz. Das SPD-Bundesvorstandsmitglied Hermann Scheer forderte die Bundesregierung auf, beim G8-Gipfel in Heiligendamm auf einen faulen Kompromiss beim Abschluss-Dokument zu verzichten. Stattdessen solle sich Deutschland im nationalen Alleingang an die Spitze der Klimaschützer setzen, sagte der Träger des Alternativen Nobelpreises im Gespräch mit n-tv.de. Auch wenn das Problem des Klimaschutzes inzwischen erkannt sei, stünden doch eine Fülle von Ausreden zur Verfügung. Das Motto der Politik laute immer noch: "Global reden, national aufschieben."

Energie-Lobby die Stirn bieten

Scheer kritisiert, dass es im Klimaschutz nur in sehr kleinen Schritten vorangehe. "Wer aber beschleunigen will, muss schneller sein als andere." Das offizielle G8-Ziel, die CO2-Emission bis zum Jahr 2050 zu halbieren, hält der SPD-Politiker demnach auch für viel zu zaghaft. Die Politiker sollten vielmehr ihren Mut zusammennehmen, der mächtigen Energie-Lobby die Stirn bieten und sagen: "Es ist möglich, einen vollständigen Wechsel zu erneuerbaren Energien zu schaffen."

Merkel lässt nicht locker

Derweil kündigte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an, noch direkt vor dem G8-Gipfel nächste Woche in Heiligendamm einen Versuch zu starten, die Differenzen mit US-Präsident George W. Bush auszuräumen. "Wir werden bis zu letzten Minute ringen, um ambitionierte Ziele zu erreichen", hieß es in Berliner Regierungskreisen. Ein "weicher Kompromiss" der G8-Staaten werde abgelehnt.

Rückendeckung erhielt Merkel unterdessen von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und EU-Kommissionspräsident Jos Manuel Barroso. Ohne direkte Erwähnung des Klimastreits sagte Ban vor einem Gespräch mit Merkel im Kanzleramt: "Ich hoffe, dass der G8-Gipfel unter der deutschen Präsidentschaft ein großer, großer Erfolg wird." Er sei zuversichtlich, dass die internationale Gemeinschaft unter deutscher Führung dort einen großen Erfolg erzielen werde, sagte der UN-Chef. Ban nimmt als Gast am Gipfel teil.

Barroso verlangte von den G8 eine langfristige und verbindliche Klimaschutzstrategie. Er werde beim Gipfel auf Bush zugehen, um ihn von der Notwendigkeit entsprechender Abkommen im Kampf gegen die Erderwärmung zu überzeugen, sagte er in Brüssel nach einem Treffen mit der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi.

Streit um konkrete Ziele

Die deutsche G8-Präsidentschaft und die US-Regierung streiten vor allem darüber, ob die sieben führenden Industriestaaten und Russland (G8) beim Gipfel konkrete Ziele für mehr Klimaschutz vereinbaren sollen. Washington lehnt verbindliche Vorgaben bisher strikt ab. "Die Gespräche gestalten sich schwierig", hieß es in deutschen Regierungskreisen. Zugleich wurden Darstellungen zurückgewiesen, inzwischen sei auch Großbritannien auf US-Linie eingeschwenkt. "Dafür gibt es keinen Hinweis", verlautete aus Verhandlungskreisen. Ausgelotet wird eine Kompromisslinie mit den USA, die zumindest eine Fortschreibung des Kyoto-Protokolls nach 2012 ermöglichen würde.

Gipfel noch nicht gescheitert

Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) warnte, den Gipfel schon vor Beginn für gescheitert zu erklären. Man dürfe nicht jenen Amerikanern in den Rücken fallen, die ihre Regierung zu bewegen versuchten. Positiv werte Gabriel die jüngste Einigung der Außenminister von 16 Staaten Asiens und 27 EU-Staaten, dass bis 2009 eine Nachfolgeregelung für das auslaufende Klimaabkommen von Kyoto gefunden werden müsse. Zudem sei nach dem Besuch von Pelosi bei Merkel deutlich geworden, dass auch Amerikaner das Ziel akzeptierten, die CO2-Emissionen bis 2050 im Vergleich zu 1990 zu halbieren.

Verbände wollen Taten sehen

Umweltschutzverbände, Globalisierungskritiker sowie die evangelische Kirche forderten eine anspruchsvolle Vereinbarung der G8-Staaten USA, Japan, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Kanada, Italien und Russland zum Klimaschutz. Dazu gehörten das Ziel, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen sowie eine Vereinbarung, die CO2-Emissionen der G8-Staaten bis zum Jahr 2020 um 30 Prozent zu reduzieren und bis 2050 um 80 Prozent, erklärten der BUND, Attac und Germanwatch. Der Verband WWF forderte ein ehrgeiziges Effizienzziel und ein deutliches Signal für die UN-Klimaverhandlungen auf Bali.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen