Politik

Chimären und Saviour Siblings Kein deutscher "Frankenstein"

Deutschland will Großbritannien bei der Liberalisierung der Embryonenforschung nicht folgen. Die Bundesregierung lehnt nach Angaben eines Sprechers des Forschungsministeriums wissenschaftliche Experimente mit Misch-Embryonen aus menschlichem Erbgut und tierischen Eizellen ab. Die Freigabe derartiger Versuche durch das britische Unterhaus werfe viele ethische Fragen auf, sagte er in Berlin. Zwar stamme das deutsche Embryonenschutzgesetz aus dem Jahr 1990, als solche Versuche noch keine Rolle gespielt hätten.

Dennoch vertrete sein Ministerium die Ansicht, dass derartige Experimente verboten seien und verboten bleiben sollten. Der wissenschaftliche Wert solcher Forschungen sei zudem umstritten. In Deutschland würden diese nicht benötigt. Von deutschen Wissenschaftlern sei bisher auch kein Interesse bekundet worden.

Nach einer langen, hitzigen Debatte hatte das Unterhaus in London am Montagabend mit 336 zu 176 Stimmen gegen einen Antrag gestimmt, die Produktion solcher Hybrid-Embryonen generell zu verbieten. Das entsprechende Gesetz könnte bereits 2009 in Kraft treten.

"Perverse" Forschung

Wissenschaftler erhoffen sich durch die Schaffung menschlich-tierischer Embryonen neue Erkenntnisse im Kampf gegen bislang unheilbare Krankheiten. Kritiker ziehen dies allerdings in Zweifel und verurteilen diese Form der Stammzellenforschung als monströs und pervers. Die katholische Kirche sprach von einer gefährlichen "Frankenstein-Wissenschaft".

Hybrid-Embryonen oder Chimären sind Embryonen, die aus einer tierischen Eizelle mit menschlichem Erbgut hergestellt werden. Ihre Produktion ist höchst umstritten. Bislang sollen solche Chimären nur in den USA, Südkorea und China zu Forschungszwecken produziert worden sein. In Europa gaben vor wenigen Wochen britische Forscher der Universität Newcastle bekannt, dass sie ein solches Mischwesen erzeugt und damit einen wichtigen Erfolg für die Stammzellenforschung erzielt hätten. Die britischen Forscher hatten mit einer Sondergenehmigung der zuständigen britischen Behörde HFA die Chimären hergestellt.

Geschwister als Retter

Das Unterhaus hatte zudem einen zweiten Antrag zum Verbot der Produktion sogenannter "Helfer- oder Retter-Geschwister" mit Mehrheit abgelehnt. Dabei geht es um die künstliche Zeugung vom Erbgut her weitgehend übereinstimmender Geschwisterkinder, die einem erkrankten Kind Zellen oder genetisches Material für die Behandlung liefern sollen. abgelegt,

Premierminister Gordon Brown hatte sich nachdrücklich für die Ausweitung der gesetzlichen Grundlagen zur Stammzellenforschung ausgesprochen. Es sei eine "moralische Anstrengung", mit der Tausende und langfristig Millionen Leben gerettet werden könnten. Befürworter hoffen, damit künftig Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson besser behandeln zu können. Wegen der stark abweichenden Meinungen durften die Abgeordneten unabhängig von Partei- und Fraktionszugehörigkeit nur ihrem Gewissen folgend votieren.

Bei den sogenannten "Retter- oder Helfer-Geschwistern" (Saviour Siblings) handelt es sich um Kinder, die einem erkrankten älteren Geschwister für die Behandlung notwendige Stammzellen liefern sollen. Dazu werden zunächst Eizellen der Mutter mit Spermien des Vaters künstlich befruchtet. Anschließend wird der Embryo, der die größte genetische Übereinstimmung mit dem erkrankten Kind aufweist, in die Gebärmutter eingepflanzt und normal ausgetragen. Mit Zellen aus der Nabelschnur oder dem Rückenmark des "Retter" soll dann dem kranken Kind geholfen werden.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen