Politik

Höhere Prognosen allerorten Kein "stabiles Wachstum"

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hebt wie andere Organisationen und Institute zuvor seine Prognosen für die deutsche Wirtschaftsentwicklung. Der frisch eingeschlagene Wachstumspfad dürfte aber noch Überraschungen bringen. Wie IWF und EU warnt auch das DIW, dass noch "kein stabiles Wachstum" bestehe.

Ohne Gewähr: Es steht uns noch ein schwieriger "Wachstumspfad" bevor.

Ohne Gewähr: Es steht uns noch ein schwieriger "Wachstumspfad" bevor.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Die Berliner Ökonomen rechnen nun für 2010 mit einem Zuwachs des Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 1,3 Prozent nach einem Rückgang um 5,1 Prozent in diesem Jahr. Im Sommer hatte das DIW für 2010 noch ein BIP-Anstieg von 0,5 Prozent und für 2009 ein BIP-Minus von 6,4 Prozent erwartet.

Die Lage bleibt angespannt

"Nach einem beispiellosen Absturz der Produktion kehrt die Wirtschaft in Deutschland wieder auf einen Wachstumspfad zurück", erklärten die Wirtschaftsforscher. "Allerdings ist die konjunkturelle Belebung noch nicht stabil, und die Zuwachsraten werden insgesamt nur bescheiden ausfallen", hoben sie auch hervor.

Das für 2010 erwartete Wachstum liege zwar über dem im Euroraum, das auf 0,8 Prozent veranschlagt werde, Euphorie sei allerdings nicht angesagt. So werde der Einbruch im Prognosezeitraum "auch nicht annähernd überwunden", Ende 2010 werde gerade einmal wieder die Wirtschaftsleistung von Anfang 2006 erreicht sein. Die Jahresteuerung sah das DIW in Deutschland 2009 bei 0,3 Prozent und 2010 bei 1,0 Prozent. Der Konsum werde dieses Jahr um 1,0 Prozent und nächstes um 0,9 Prozent zulegen, der private Verbrauch dabei um 0,5 Prozent bzw. 0,6 Prozent.

Das Wachstum der Weltwirtschaft findet im Prognosezeitraum laut DIW vorwiegend in asiatischen Schwellenländern statt, die bisher nicht zu den Hauptabsatzgebieten deutscher Exporte zählen. Die Nachfrage nach Investitionsgütern aus dem Ausland - eine der Domänen deutscher Exporte - dürfte sich wegen der Unterauslastungen der Kapazitäten zunächst nur schwach entwickeln. Daneben werde die Erholung durch einmalige Faktoren begünstigt. Dazu zählten insbesondere die expansiven wirtschaftspolitischen Maßnahmen, aus denen mittelfristig ein enormer Konsolidierungsbedarf entstanden sei.

Arbeitsmarkt unter Druck

Die DIW-Ökonomen sehen für 2010 einen Anstieg der Arbeitslosigkeit auf etwas mehr als vier Mio. Erwerbslose. "Damit sind zwar Einbußen am Arbeitsmarkt zu erwarten, sie werden jedoch weniger stark ausfallen als zunächst befürchtet", hoben sie hervor. Die Unternehmen hätten auf den abrupten Nachfrageausfall vor allem mit Arbeitszeitverkürzungen reagiert, auch um Humankapital in den Betrieben zu halten. Da die wirtschaftliche Erholung jedoch eher schwach ausfalle und einen langen Zeitraum brauche, werde sich der Druck auf dem Arbeitsmarkt erhöhen.

Die Regierung rechnet ins Blaue hinein.

Die Regierung rechnet ins Blaue hinein.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

In den kommenden Monaten sei deshalb damit zu rechnen, dass die Kurzarbeit zurückgefahren werde und der Personalabbau sich verstärke. Dabei bleibe die Krise weiterhin im Wesentlichen auf die exportorientierte Industrie beschränkt. Die Binnennachfrage werde durch die niedrige Inflation gestützt. Die Masseneinkommen würden trotz vermehrter Arbeitslosigkeit wachsen.

Für die staatlichen Haushalte erwartete das DIW trotz der sich abzeichnenden Erholung in diesem und im nächsten Jahr "Defizite in bisher ungekannter Höhe". Nachdem noch 2008 ein fast ausgeglichener Haushalt vorgelegt worden sei, werde das Defizit 2009 bei 75 Mrd. Euro und 2010 bei 125 Mrd. Euro liegen, die Defizitquoten erreichten damit 3,2 Prozent bzw. 5,2 Prozent des BIP.

Empfehlungen an die neue Regierung

Der neuen Bundesregierung empfahl das DIW einen "klaren Kurs der Haushaltssanierung", mehr Ausgaben für Forschung und Bildung, ein langfristiges Energiekonzept und eine wirksamere Regulierung der Finanzmärkte als politische Schwerpunkte. "Es muss um Zukunftsausgaben und nicht um Steuergeschenke gehen," sagte DIW-Präsident Klaus F. Zimmermann. Daraus würde die ganze Gesellschaft nachhaltigen Nutzen ziehen.

Zusätzliche konjunkturstützende Maßnahmen kommen aus Sicht des DIW "aktuell nicht in Betracht". Das Institut betonte zudem, eine Kreditklemme sei "nach wie vor nicht gegeben". Erneut empfahl das DIW, die Inanspruchnahme staatlicher Rekapitalisierungsmittel gesetzlich vorzuschreiben, sobald das Eigenkapital einer Bank ein kritisches Niveau erreicht.

Klarer Kurs zur Haushaltssanierung

Aufgrund des Konjunktureinbruchs der vergangenen Monate sowie der riesigen staatlichen Hilfsprogramme erwarten die Forscher in diesem Jahr ein Haushaltsdefizit von 75 Mrd. Euro, im nächsten Jahr sollen es gar 125 Mrd. Euro sein.

"Die Politik muss sich einen Weg freikämpfen, um wieder gestalten zu können", betonte Zimmermann. Die neue Bundesregierung hat laut DIW "praktisch keinen finanziellen Handlungsspielraum" - und wird letztlich um eine Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht herumkommen. Die künftigen Koalitionspartner Union und FDP hatten diesen Schritt aber stets ausgeschlossen. Die Steuer war schon 2007 von 16 auf 19 Prozent angehoben worden. Erst in der vergangenen Woche hatten die fünf Wirtschaftsweisen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer als "noch die beste unter allen schlechten Lösungen" bezeichnet.

Quelle: ntv.de, DJ/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen