Letzter Anlauf für Frieden Kerry hält an Nahost-Vision fest
28.12.2016, 10:05 Uhr
Kerry (l.) und Netanjahu 2013 in Jerusalem.
(Foto: dpa)
Die Tage der Obama-Administration sind gezählt, Israel und die USA streiten heftig über eine UN-Resolution zur israelischen Siedlungspolitik. Doch US-Außenminister Kerry gibt die Hoffnung offenbar noch nicht auf und spricht ausgerechnet zu diesem Thema.
Die Regierung des scheidenden US-Präsidenten Barack Obama unternimmt vor dem Amtsantritt des neugewählten Präsidenten Donald Trump einen letzten Versuch, den Nahost-Friedensprozess zu retten. Am Nachmittag will Außenminister John Kerry seine Vision für einen Frieden im Nahen Osten darlegen.
Die Ankündigung fällt in eine Zeit, in der die Beziehungen zwischen den USA und Israel einen neuen Tiefpunkt erreicht haben. Zum einen ist Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu anhaltend erbost über die US-Regierung, nachdem sie mit einer Enthaltung im UN-Sicherheitsrat die Verabschiedung einer Resolution ermöglichte, in der die Siedlungspolitik verurteilt wird.
Zum anderen hat der gewählte US-Präsident Donald Trump, der sein Amt am 20. Januar antritt, angedeutet, dass er eine deutlich weniger kritische Haltung gegenüber Israel einnehmen will als sein Vorgänger. Allerdings nominierte er mit David Friedman einen Botschafter für Israel, der die Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen will. Während Israel Jerusalem als seine unteilbare Hauptstadt betrachtet, wollen die Palästinenser Ost-Jerusalem zur Hauptstadt ihres künftigen Staates machen.
Immer noch Zwei-Staaten-Lösung
Israel hat nach der UN-Resolution gegen seine Siedlungspolitik in den Palästinensergebieten die Kontakte zu mehreren Ländern zurückgefahren. Die Stadtverwaltung von Jerusalem sagte jedoch eine geplante Abstimmung über hunderte neue Siedlerwohnungen im palästinensischen Ost-Jerusalem abgesagt. Die Beratung über die Genehmigung der Bauvorhaben wurde auf Wunsch von Ministerpräsident Netanjahu von der Tagesordnung des Planungs- und Bauausschusses gestrichen, wie das Ausschussmitglied Hanan Rubin mitteilte.
Nach Angaben Rubins sollte der Ausschuss am Mittwoch über insgesamt 492 Baugenehmigungen in den Siedlungen Ramat Schlomo und Ramot in Ost-Jerusalem beraten. Die Nichtregierungsorganisation Ir Amim hatte zuvor von 618 Wohneinheiten in drei Stadtteilen Ost-Jerusalems gesprochen. Der israelische Siedlungsbau wird international als eines der größten Hindernisse für eine dauerhafte Friedenslösung im Nahost-Konflikt angesehen.
Kerry wolle aufzeigen, wie er sich den Weg zu einer friedlichen Zwei-Staaten-Lösung vorstelle, sagte sein Sprecher Mark Toner in Washington. Der Prozess müsse fortgeführt werden, es sei wichtig, "konstruktive Visionen für die Zukunft" vorzulegen. Kerry hatte sich erst kürzlich wieder kritisch über den israelischen Siedlungsbau in den besetzten Palästinensergebieten geäußert. Israel müsse eine grundsätzliche Entscheidung treffen: "Wird es eine dauerhafte Umsetzung der Siedlungspolitik geben oder wird es eine Trennung und eine Gründung von zwei Staaten geben?", fragte Kerry bei dem jährlichen Treffen des sogenannten Saban Forums bei der Brookings Institution.
Für den scheidenden Außenminister sind die israelischen Siedlungsaktivitäten im Westjordanland und in Ost-Jerusalem nicht nur ein Hindernis für den Frieden. Er wirft Mitgliedern der Regierung Netanjahu vor, aktiv gegen eine Friedenslösung zu arbeiten. Der "New York Times" zufolge will Kerry "einige der irreführenden Kritiken" an der Obama-Regierung ansprechen. Gemeint sei der Netanjahu-Vorwurf, die US-Regierung habe eine "schändliche und anti-israelische" UN-Resolution hinter den Kulissen inszeniert. Der UN-Sicherheitsrat hatte Israel am vergangenen Freitag zu einem vollständigen Siedlungsstopp in den besetzten Palästinensergebieten einschließlich Ost-Jerusalem aufgefordert. 14 Länder stimmten dafür, die USA verzichteten - anders als bei ähnlichen früheren Entscheidungen - auf ihr Vetorecht und enthielten sich. Kerry hatte sich als Vermittler in die letzten Friedensgespräche zwischen Israel und den Palästinensern eingeschaltet, bevor diese dann im April 2014 scheiterten.
Quelle: ntv.de, sba/AFP