"In der siebten Hölle verflucht" Khmer-Tribunal beschimpft
24.02.2009, 12:47 UhrEine der Schlüsselfiguren des grausamen Regimes der Roten Khmer in Kambodscha hat bei einem Haftprüfungstermin das Völkermord-Tribunal beschimpft. "Ich bin keine Mörderin, ihr könnt mich deshalb auch nicht anklagen, sonst werdet ihr alle in der siebten Hölle verflucht!", rief Ieng Thirith, die einstige Sozialministerin und Schwägerin von Rote-Khmer-Führer Pol Pot aufgebracht. Die 76-Jährige ist wie vier weitere Häftlinge wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt.
Ieng Thirith hatte Beschwerde gegen ihre Untersuchungshaft eingelegt. Sie ist wie ihr Mann, der damalige Außenminister Ieng Sary, seit Herbst 2007 in Haft. Die Richter wollten im Laufe der Woche über den Antrag entscheiden. "Ich bin hier, um die Wahrheit zu sagen", rief Ieng Thirith. "Ich habe nichts Unrechtes getan." Sie beschuldigte Mithäftling Nuon Chea, den damaligen Chefideologen. "Er hat das alles gemacht. Ich habe das Beste für mein Vaterland gegeben."
Unter der Herrschaft der Roten Khmer kamen zwischen 1975 und 1979 rund zwei Millionen Menschen um - viele wurden zu Tode gefoltert und in Gefängnissen ermordet, andere überlebten Hungersnöte und Zwangsarbeit nicht. Die Roten Khmer wollten einen autarken, maoistischen Bauernstaat einrichten, verdächtigten aber praktisch jeden als Spion oder Gegner der Revolution.
Nur höchste Kader angeklagt
Das Tribunal war nach langem Tauziehen zwischen der Regierung und den Vereinten Nationen 2006 eingerichtet worden. Angeklagt werden dürfen nur die damals höchsten Kader des Regimes. Vergangene Woche hatte der erste Prozess begonnen. Auf der Anklagebank saß Kaing Guak Eav (66) alias Duch, der eines der berüchtigtsten Foltergefängnisse befehligte. Dort kamen nach Schätzungen 16.000 Menschen ums Leben.
Duch ist der einzige der Angeklagten, der Reue gezeigt hat und auch gegen die anderen aussagen will. Neben Ieng Thirith, ihrem Mann, Duch und Nuon Chea ist auch der damalige Staatschef Khieu Samphan angeklagt. Der Prozess gegen Duch wird am 31. März fortgesetzt
Der kanadische Co-Ankläger Robert Petit erinnerte daran, dass das Gericht nicht nur Schuld und Unschuld festzustellen habe. "Es ist die Verantwortung und die Pflicht des Gerichts, den Menschen zu vermitteln, was in diesem Land passiert ist", sagte er. Anders als Verteidiger Roux unterstützte Petit deshalb den Antrag von Anwälten, Norng Chan Phai als Nebenkläger zuzulassen. Er hatte das Foltergefängnis als Kind überlebt. Der Mann hatte sich im Februar aber erst zwei Tage nach Ablauf der vom Gericht gesetzten Frist für die Anträge auf Teilnahme gemeldet. Er habe von der Frist nichts gewusst.
Duch saß bei der Prozesseröffnung in blauem Hemd mit offenem Kragen hinter seinem Verteidiger und verfolgte die Verhandlung aufmerksam mit versteinertem Blick. Der ehemalige Mathematiklehrer hat im Vorfeld bereits Reue geäußert und seine Verbrechen eingestanden. Er lebte jahrelang als konvertierter Christ in der Provinz und war 1999 von Journalisten aufgespürt worden. Seitdem sitzt er im Gefängnis. Angesichts der langen Untersuchungshaft kündigte sein Anwalt unter Verweis auf kambodschanisches Recht einen Antrag auf Haftentlassung an. Duch beriet sich mehrfach im Flüsterton mit Roux. Beim Verlassen des Gerichts zur Mittagspause hob er die Hände in einer Demutsbezeugung in Richtung Richter, Ankläger und Anwälte der Nebenkläger.
In der ersten Phase des Prozesses geht es nur um die Zulassung von Zeugen und den weiteren Prozessfahrplan. Duch wird zunächst nicht aussagen. Zeugenaussagen werden erst in der nächsten Phase nicht vor Ende März erwartet.
Quelle: ntv.de