Abgehörtes Bundeswehrgespräch Kiesewetter: Russland will Taurus-Lieferung unterbinden
02.03.2024, 02:26 Uhr Artikel anhören
Dass russische Geheimdienste mutmaßlich ein internes Gespräch hoher Luftwaffenoffiziere abgehört haben, sorgt für Beunruhigung - bei CDU-Verteidigungspolitiker Kiesewetter aber nicht für Überraschung. Er geht davon aus, dass Moskau noch weitere Leaks nachschieben wird.
Politiker von Grünen und Union äußern sich besorgt über Berichte, wonach Russland ein internes Gespräch deutscher Bundeswehroffiziere über den Marschflugkörper Taurus abgehört hat. "Sollte sich diese Geschichte bewahrheiten, wäre das ein hochproblematischer Vorgang", sagte der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages, Konstantin von Notz, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Es stellt sich die Frage, ob es sich hier um einen einmaligen Vorgang oder ein strukturelles Sicherheitsproblem handelt", fügte der Grünen-Politiker hinzu. "Ich erwarte umgehende Aufklärung aller Hintergründe."
Der CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter rechnet mit einer Veröffentlichung weiterer abgehörter Gespräche. "Spionage gehört zum Instrumentenkasten der hybriden Kriegsführung Russlands, daher ist es in keiner Weise überraschend, dass ein solches Gespräch abgehört wurde. Ebenso wenig erstaunlich ist es, dass der Mitschnitt öffentlich wird. Wir müssen davon ausgehen, dass die Russen noch mehr Material dieser Art haben", sagte er ntv.de.
"Mit dem Leak will Russland verhindern, dass Deutschland der Ukraine endlich doch die Taurus-Marschflugkörper liefert, die sie so dringend braucht", so der CDU-Politiker. "Bundeskanzler Scholz hat gerade erst deutlich gemacht, dass er beabsichtigt, die Taurus-Lieferung weiter zu blockieren - hat dabei aber offenkundige Falschinformationen benutzt, mit denen er nun unter Druck gerät."
Verteidigungsministerium prüft Vorgänge
Die "Bild"-Zeitung hatte berichtet, russische Propagandakanäle hätten einen Mitschnitt eines abgehörten Gesprächs von Bundeswehroffizieren veröffentlicht. In dem Mitschnitt ist zu hören, wie vier Bundeswehroffiziere über die Fähigkeiten des Marschflugkörpers Taurus diskutierten sowie darüber, welche Herausforderungen mit einer Lieferung an die Ukraine verbunden wären. Eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums sagte, es werde geprüft, "ob Kommunikation im Bereich der Luftwaffe abgehört wurde". Das Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst habe "alle erforderlichen Maßnahmen eingeleitet".
In dem Gespräch diskutieren die Offiziere auch über Möglichkeiten, wie in der Ukraine Taurus-Marschflugkörper auch ohne konkrete Zieldatenübermittlung durch die Bundeswehr eingesetzt werden könnten. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte sein Nein zu Taurus-Lieferungen Anfang der Woche ausführlich begründet und dabei vor allem technisch argumentiert. Der Einsatz der Taurus-Marschflugkörper durch die Ukraine würde die Mitwirkung deutscher Soldatinnen und Soldaten bei der Zielsteuerung erfordern, sagte er.
Scholz fürchtet, damit könne Deutschland indirekt in den Ukraine-Krieg hineingezogen zu werden. Vertreterinnen und Vertreter der Koalitionspartner Grüne und FDP plädieren hingegen offen für Taurus-Lieferungen an die Ukraine, auch einige Sozialdemokraten würden sie befürworten.
Quelle: ntv.de, ino/AFP