Politik

"Wir brauchen Waffen" Kiews Botschafter redet Ampel ins Gewissen

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Für einen Diplomaten findet Kiews Botschafter in Berlin derzeit ungewöhnlich offene Worte: Andrij Melnyk.

(Foto: picture alliance / photothek)

Seit Wochen zieht Moskau Truppen an der ukrainischen Grenze zusammen. Verteidigungswaffen, die Kiew im Kreis der NATO-Staaten bestellen will, dürfen aber nicht geliefert werden. Dafür macht der Botschafter Deutschland verantwortlich und verlangt von der Bundesregierung ein Umdenken.

Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, hat die Bundesregierung dringend aufgefordert, Waffen an Kiew zu liefern. Im Gespräch mit den Zeitungen der Funke Mediengruppe forderte er von der Ampel-Regierung, "die bestehende - moralisch absolut verwerfliche - Blockadehaltung aufzugeben, und die Ukraine dringend mit notwendiger Verteidigungsrüstung zu versorgen". Weiter sagte der Botschafter den Zeitungen: "Wir haben volles Recht auf Selbstverteidigung." Mit Blick auf den Zweiten Weltkrieg fügte Melnyk hinzu: "Deutschland trägt die gleiche historische Verantwortung für die Ukraine wie für Israel. Daher erwartet man in Kiew massive militärische Unterstützung Deutschlands, um den Preis für Putins bevorstehenden Angriff in die Höhe zu treiben und diesen noch zu verhindern."

Die Gefahr einer russischen Invasion in die Ukraine sei unverändert hoch, betonte der ukrainische Botschafter. "Alle Warnlichter blinken grellrot." Putin sei nicht nur fähig zum Einmarsch, sondern auch willens, diese neue Invasion zu wagen. "Diese imminente Kriegsgefahr sollte man in Berlin nicht unterschätzen." Nach Einschätzung westlicher Staaten hat Russland Zehntausende Soldaten nahe der Grenze zur Ukraine konzentriert.

Zugleich mahnte der Diplomat die Bundesregierung, sich für einen zügigen Beitritt der Ukraine in die NATO und die EU stark zu machen. "Denn nur wenn die Ukraine zum untrennbaren Bestandteil des Nordatlantikpaktes wird, würde Putin für immer die Versuchung verlieren, uns anzugreifen." Mit Blick auf die ab Montag stattfindenden Gespräche zwischen dem Westen und Russland sagte Melnyk den Funke-Zeitungen, es wäre naiv, an einen schnellen Durchbruch zu glauben.

Bearbock setzt auf Deeskalation

Der Botschafter verlangte vom Westen außerdem sofort neue Sanktionen gegen Moskau. "Um einen neuen Einmarsch Russlands noch zu verhindern, müssten unsere Partner in Europa und den USA sehr harte vorbeugende Strafmaßnahmen gegen Moskau ergreifen, bevor Putin seine militärische Intervention ausweitet, und nicht erst danach, wenn es zu spät ist." Das endgültige Aus für die Nord-Stream-2-Pipeline solle zu diesem Katalog gehören, sagte Melnyk.

Mitte Dezember hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj insbesondere Deutschland fehlende Unterstützung bei Waffenlieferungen vorgeworfen, die sein Land im Rahmen einer Zusammenarbeit mit der NATO angefragt hatte. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock verwies als Antwort lediglich auf "das Gebot der Deeskalation". Sie betonte zugleich ihre Solidarität mit der Ukraine.

Quelle: ntv.de, mau

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