Habit ja, Kopftuch nein Klage abgewiesen
15.01.2007, 09:36 UhrMuslimische Lehrerinnen dürfen in Bayern auch künftig kein Kopftuch in der Schule tragen. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof in München wies am Montag eine Popularklage der Islamischen Religionsgemeinschaft mit Sitz in Berlin ab. Damit gilt das seit 2005 geltende Gesetz weiter, das Lehrkräften an Bayerns Schulen das Tragen von sichtbaren religiösen Symbolen und Kleidungsstücken untersagt.
Das von der CSU-Mehrheit in Bayern im November 2004 verabschiedete Gesetz sei zulässig, sagte Richter Karl Huber. "Der Gesetzgeber kann im Rahmen der Schulaufsicht grundsätzlich Regelungen darüber treffen, in wie weit Lehrkräften im Unterricht das Tragen äußerer Symbole und Kleidungsstücke, die eine religiöse oder weltanschauliche Überzeugung ausdrücken, versagt ist." Die Klärung, welche äußeren Symbole und Kleidungsstücke im Einzelnen von der Norm erfasst werden, sei nicht Aufgabe des Verfassungsgerichts, sondern obliege den Fachgerichten.
Das Gesetz verbietet im Gegensatz zum Kopftuch nicht die Ordenstracht von Nonnen. Dagegen war die Islamische Religionsgemeinschaft Berlin als Sprachrohr der Muslime in Deutschland vorgegangen. Die Organisation sieht darin einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz und die Religionsfreiheit der Muslime durch die Regelung massiv beeinträchtigt.
Landtag und Staatsregierung argumentierten hingegen, eine Kopftuch tragende Lehrerin könne die verfassungsmäßigen Bildungs- und Erziehungsziele, insbesondere die Gleichberechtigung von Frau und Mann, nicht glaubhaft vermitteln und verkörpern. Ihrer Auffassung nach ist aber die Nonnentracht - anders als das Kopftuch -Teil der christlich-abendländischen Kultur und damit auch Teil des Bildungssystems.
Der Landtag hatte das Gesetz beschlossen, um die Schüler vor möglicher Beeinflussung durch islamistische Fundamentalisten zu schützen. Dieses "Abwägungsergebnis" des Gesetzgebers ist nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Unter "christlich-abendländischen Bildungs- und Kulturwerten" verstünden Verfassung und Gesetzgeber "nicht die Glaubensinhalte einzelner christlicher Bekenntnisse, "sondern die Werte und Normen", die "weitgehend zum Gemeingut des abendländischen Kulturkreises" geworden sind, "die durch den Humanismus und die Aufklärung beeinflussten Grundwerte der westlichen Welt".
Das Gesetz bewirke keine unzulässige Bevorzugung der christlichen Konfessionen, denn "nach dem verfassungsrechtlichen Toleranzgebot sind an den Schulen beim Unterricht die religiösen Empfindungen aller zu achten".
Kläger-Anwalt Jürgen Weyer sagte, das Thema sei nicht vom Tisch. Die letzte Entscheidung treffe das Bundesverfassungsgericht. Dessen häufige Forderung nach strikter Gleichbehandlung "ist nicht Genüge getan, wenn ein Kopftuch verboten wird, während andere religiöse Symbole zugelassen werden". Die Religionsgemeinschaft werde nun Lehrerinnen beim Gang vor die Verwaltungsgerichte unterstützen.
Quelle: ntv.de