Politik

Chris Christie und "Bridge-Gate" Kleiner Skandal, große Folgen

Chris Christie - übrigens ein großer Springsteen-Fan - beteuert seine Unschuld.

Chris Christie - übrigens ein großer Springsteen-Fan - beteuert seine Unschuld.

(Foto: picture alliance / dpa)

Chris Christie will Präsident der USA werden - doch dann tauchen brisante E-Mails auf: Christie soll ein Verkehrschaos organisiert haben. Sogar Bruce Springsteen hat sich den Gouverneur vorgeknöpft.

Die Amerikaner lieben ihre Autos, doch ist ein Verkehrsinfarkt in einer Kleinstadt wirklich skandalträchtig genug, um die Karriere eines Politikers zu zerstören, der als einer der aussichtsreichsten US-Politiker gilt? Wenn bereits Bruce Springsteen ein Lied über den Vorfall singt, wird wohl zumindest ein Lackschaden bleiben, oder ein paar Beulen.

"Ohne Zweifel wurden Fehler begangen", sagte New Jerseys Gouverneur Chris Christie diese Woche. "Wir werden mit allen zuständigen Stellen zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass sich dieser Vertrauensbruch nicht wiederholt." Christie zählt zu den bekanntesten Republikanern Amerikas und ist bekannt für seine seriöse, pragmatische Politik sowie seine imposante Erscheinung. Seit seiner Wiederwahl zum Gouverneur wird er von vielen als einer der aussichtsreichen Kandidaten für die US-Präsidentschaftswahl 2016 gehandelt.

Die "Fehler", die Christies Kandidatur nun gefährden könnten, wurden letzten September offenbar absichtlich von Christies Mitarbeitern geplant und hatten zum Ziel, den Verkehrsfluss in einer Gemeinde New Jerseys vier Tage lang zu behindern. Das Motiv könnte Rache gewesen sein: Ein möglicher, aber bislang unbestätigter Versuch, den Bürgermeister der Kleinstadt Fort Lee zu bestrafen, nachdem der Demokrat dem Republikaner Christie bei der Gouverneurs-Wahl seine Unterstützung verweigert hatte.

Brisante E-Mails tauchen auf

Der folgende Verkehrsstau war enorm. Die George-Washington-Brücke führt über den Hudson River und verbindet die Kleinstadt Fort Lee mit Manhattan. Jährlich wird sie von mehr als 100 Millionen Autos und Lastwagen überquert, was sie zur verkehrsreichsten Brücke weltweit macht. Nachdem mehrere Fahrspuren der Brücke gesperrt worden waren, staute sich der Verkehr nach Fort Lee zurück und sorgte dafür, dass sich die Fahrzeit für hunderttausende Menschen um mehrere Stunden verlängerte.

Die George-Washington-Brücke führt von New Jersey nach Manhattan.

Die George-Washington-Brücke führt von New Jersey nach Manhattan.

(Foto: AP)

Christies Büro gab an, dass eine kurzfristig angesetzte Verkehrszählung der Grund für die partielle Straßensperrung gewesen sei. Der größte Teil des Landes ignorierte den lokalen Verkehrsinfarkt gänzlich und in den darauffolgenden Monaten verblasste der Megastau auch mehr und mehr in der Erinnerung der dortigen Autofahrer. Diesen Monat stießen die Demokraten, die den Vorfall genauer untersuchten, jedoch auf brisante E-Mails, die den Schluss nahelegen, dass ein Angestellter jener Verkehrsgesellschaft, die auch für die betroffene Brücke zuständig ist, den Störfall bewusst herbeigeführt habe - und zwar auf ausdrücklichen Wunsch einer engen Mitarbeiterin Christies.

Das FBI wird eingeschaltet

Der Republikaner selbst beteuert, von der Aktion nichts gewusst zu haben und entließ zwei seiner engsten Mitarbeiter. Auch der Angestellte der Verkehrsgesellschaft hat seinen Posten inzwischen geräumt. Damit ist die Sache aber noch lange nicht ausgestanden: Die E-Mail-Korrespondenz hat weiteres Interesse geweckt; mittlerweile wurde auch das FBI eingeschaltet.

Den amerikanischen Medien, die gerne und oft über vorhersehbare parteipolitische Grabenkämpfe berichten - stets angereichert mit dem ein oder anderen Sexskandal - bot der Verkehrsinfarkt die ideale Gelegenheit, den aufstrebenden Politiker Christie einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Nun schreiben sie seitenweise über Christies Charakter, seine Vergangenheit und mögliche Fehltritte. Die Geschichte bietet in vielerlei Hinsicht ein gefundenes Fressen: Millionen Amerikaner kennen die George-Washington-Bridge, jeder Autofahrer hasst Stau und New Jersey bietet als Schauplatz der Fernsehserien "Die Sopranos" und "Jersey Shore" den idealen Rahmen für Geschichten über skrupellose Politiker.

"Watergate", "Monica-Gate" und nun "Bridge-Gate"?

Selbst New Jerseys berühmtester Sohn, Rocklegende Bruce Springsteen, der als inoffizieller Landesdichter der amerikanischen Straßen gilt, schaltete sich ein und tat in einer Late-Night-Show seine Meinung kund. Zusammen mit Moderator Jimmy Fallon verwandelte er den Refrain seines Hits "Born to Run" in einen ulkigen Protest: Gemeinsam mit dem US-Talker sang er, dass er eigentlich gerade dringend eine Pinkelpause brauche, aber im "Verkehrsstau von Gouverneur Chris Christies, Fort Lee, New Jersey" feststecke.

Präsident Richard Nixon brachte eine Affäre zu Fall, die zuerst wie ein gewöhnlicher Einbruch aussah. Wie sich herausstellte, versuchten die "Einbrecher", Abhörwanzen im Hauptquartier der Demokraten zu installieren, das sich damals im Watergate-Gebäude in Washington befand - und dieser Vorfall sollte nur die Spitze des Eisbergs an schmutzigen Polit-Tricks seitens der Nixon-Regierung darstellen. US-Präsident Bill Clinton wurde wegen Amtsvergehen angeklagt, nachdem er bezüglich seiner amourösen Eskapaden mit einer jungen Praktikantin namens Monica Lewinski gelogen hatte. Der Fall, der als "Monica-Gate" in die Geschichte einging, hatte zwar keine weiteren politischen Konsequenzen für Clinton, doch der Skandal dominierte die letzten Jahre seiner Amtszeit. Nun steht Christie seinem ersten großen Skandal gegenüber, den man vorhersehbarerweise "Bridge-Gate" getauft hat. Einige Skandale in Amerika beginnen ganz klein. Das bedeutet aber nicht, dass sie auch so enden.

Quelle: ntv.de

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