Schwere Kämpfe im Gazastreifen Kleriker nach Hamas-Kritik getötet
15.08.2009, 10:50 UhrEr fordert die Einführung der strengen Schariah und kritisiert die Hamas für verweltlicht: Der mit der Terrorgruppe Al Kaida sympathisierende islamische Kleriker Abdel Latif Mussa ist bei Kämpfen im Gazastreifen getötet worden. Mindestens 19 weitere Menschen kamen ums Leben, 120 weitere wurden verletzt.

"Verweltlichte" Hamas: Der radikale Kleriker Abdel Latif Mussa rief ein "islamisches Emirat" aus, bevor er getötet wurde.
(Foto: AP)
Bei schweren Kämpfen zwischen Anhängern eines radikalen islamischen Predigers und Sicherheitskräften der im Gazastreifen herrschenden Hamas sind mindestens 20 Menschen getötet worden. 120 weitere wurden nach Angaben palästinensischer Ärzte verletzt. Die Kämpfe in der südlichen Stadt Rafah waren ausgebrochen, nachdem der radikale Kleriker Abdel Latif Mussa beim Freitagsgebet ein "islamisches Emirat" im Gazastreifen ausgerufen hatte. Der Hamas warf er vor, "verweltlicht" zu sein und Kontakte zu westlichen Politikern zu pflegen, darunter zum ehemaligen US-Präsidenten Jimmy Carter. Zugleich rief Abdel Latif Mussa zum Krieg gegen den Westen auf. Seine Palästinensergruppe Dschihad al-Salafi (Krieger Gottes) steht dem Terrornetz Al Kaida nahe.
Mussa forderte in seiner Predigt in der Ibn-Tahmed-Moschee auch die Einführung der strengen islamischen Schariah-Rechtsprechung. Diese sieht zum Teil drakonische Strafen wie das Abhacken der Hand bei Dieben vor. Der arabische TV-Sender Al Dschasira übertrug die Predigt des bärtigen Predigers aus dem Gotteshaus. Der Geistliche war von vermummten bewaffneten Männern umringt. Einer von ihnen trug angeblich einen Sprenggürtel.
"Intensives Gewehrfeuer" nahe der Moschee
Vor dem muslimischen Gotteshaus waren Dutzende vermummte, mit Kalaschnikow-Gewehren bewaffnete Anhänger der Dschihad-al-Salafi- Gruppe in Stellung gegangen. Nach dem Ende der Predigt kam es zu Kämpfen mit den Sicherheitskräften der radikal-islamischen Hamas, die ihre Truppen nach Rafah im Süden das Gazastreifens nahe der Grenze zu Ägypten verlegt hatte. Bewohner von Rafah berichteten von "intensivem Gewehrfeuer" und Explosionen rund um die Moschee.
Polizei und Kämpfer der Hamas stürmten schließlich das an die Moschee angrenzende Haus des Predigers, in dem er sich mit seinen Anhängern verschanzt hatte. Anschließend sprengten sie das vierstöckige Haus. Die palästinensische Nachrichtenagentur Maan berichtete, möglicherweise sei in dem Haus Sprengstoff gelagert gewesen. Auch die Moschee wurde mit Mörsergranaten beschossen.
Etwa 20 Verletzte in kritischem Zustand
Nach Angaben von Krankenhausärzten wurden bei den Kämpfen mindestens 20 Menschen getötet, darunter auch der radikale Kleriker und mindestens zwei Hamas-Kämpfer. Von den 120 Verletzten befänden sich etwa 20 in kritischem Zustand.
Hamas-Sprecher Taher al-Nunu forderte alle Anhänger Mussas auf, sich den Behörden zu stellen und die Waffen abzugeben. Die Hamas-Regierung werde "eine Rückkehr des Sicherheitschaos in den Gazastreifen niemals zulassen". Die Anhänger des Predigers würden sich außerhalb des "nationalen und islamischen Konsens" bewegen. "Niemand steht über dem Gesetz und der öffentlichen Ordnung", sagte al-Nunu weiter.
Zeitung: Aufstand ist "gefährliche Herausforderung"
Die Hamas hatte vor zwei Jahren gewaltsam die alleinige Kontrolle im Gazastreifen an sich gerissen und die gemäßigte Fatah-Führung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas vertrieben. Die "Krieger Gottes", die seit der Machtübernahme der Hamas vermehrt Zulauf erhalten haben, hatten der Hamas blutige Vergeltung angedroht, sollte ihrem Anführer etwas geschehen.
Die israelische Zeitung "Jerusalem Post" bezeichnete den bewaffneten Aufstand der extremistischen Al-Kaida-Gruppe als eine gefährliche Herausforderung für die radikal-islamische Hamas-Organisation, die mit gewaltsamen Mitteln versuche, die völlige Kontrolle des Gazastreifens durchzusetzen und keinen Widerstand dulde.
Quelle: ntv.de, usa/dpa