Bleiberecht Koalition einigt sich
16.02.2007, 18:06 UhrDie große Koalition hat sich auf Bleiberechts-Regelungen für bis zu 100.000 bislang nur geduldete Flüchtlinge geeinigt. Der SPD-Innenexperte Wiefelspütz sagte, man sei sich "dem Grundsatz nach" einig. "Die abschließende Entscheidung wird aber von den Fraktionen getroffen." Aus den Reihen der CDU-geführten Länder wird eine gesetzliche Regelung aber abgelehnt. Derweil forderte der Bundesrat die Regierung auf, die Integration von Ausländern und Spätaussiedlern zu verbessern und dazu den Sprachunterricht im Rahmen der Integrationskurse auszuweiten.
Dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" zufolge haben die Innenexperten von Union und SPD beim Bleiberecht vereinbart, dass Bewerber bis Ende 2009 Zeit haben sollen, ihren Lebensunterhalt durch eigene Arbeit zu sichern. Die Union hatte den Geduldeten zunächst ein halbes Jahr weniger für die Arbeitssuche einräumen wollen, die SPD ein halbes Jahr mehr. Durchgesetzt hat die Union demnach auch, dass Kandidaten sich nicht nur um Arbeit bemüht, sondern auch Arbeit gefunden haben müssen, von der sie weitgehend leben können.
Ein eigenes Bleiberecht will die Koalition Kindern ab 14 Jahren einräumen, die gut integriert sind. Voraussetzung soll sein, dass Eltern ohne Bleiberechtsanspruch vorher freiwillig ausgereist sind.
Bei einer Telefonkonferenz mit Bundesinnenminister Schäuble kündigten die Unions-Innenminister dem Bericht zufolge aber weiteren Widerstand im Bundesrat an. Kritisiert wird demnach, dass auch Bewerber, die sich nicht um Arbeit bemühen, bis Ende 2009 auf Staatskosten im Land bleiben könnten. Niedersachsens Innenminister Schünemann bekräftigte in der "Frankfurter Rundschau", dass sein Land eine Regelung auf Gesetzesebene nicht mittragen werde. Er hatte bereits Ende 2006 für eine Regelung per Länderverordnung plädiert.
Die Vorsitzende der Grünen, Roth, zeigte sich enttäuscht und forderte die Koalition auf, auch Härtefälle zu berücksichtigen. "Allein erziehende Mütter, kranke oder alte Menschen sowie allein reisende minderjährige Flüchtlinge brauchen ein Bleiberecht unabhängig von einem Arbeitsplatz."
Die Flüchtlingsorganisation "Pro Asyl" erklärte, den Kompromiss der Koalition löse das Problem der Kettenduldungen nicht. Es zeichne sich zudem ab, dass die weitgehenden Ausschlussgründe zum Bleiberecht erhalten blieben, teilte die Arbeitsgemeinschaft in Frankfurt mit. Skandalös familienfeindlich sei der Plan, das eigenständige Aufenthaltsrecht von Minderjährigen an die vorherige Ausreise der Eltern zu binden.
Unterdessen soll nach Vorstellung des Bundesrats die Stundenzahl der Integrationskurse für spezielle Zielgruppen wie Jugendliche, Eltern oder Analphabeten von derzeit 630 auf 930 erhöht werden. Dies solle vor allem einem erweiterten Sprachunterricht zu gute kommen, teilte die Länderkammer mit. Die Zahl der so genannten Orientierungsstunden innerhalb des Integrationskurses soll mit 30 unverändert bleiben.
Ausländer, die einen so genannten Ehrenmord oder einen islamistischen Anschlag verteidigen, sollen keinen deutschen Pass mehr bekommen können. Schon bei Zweifeln an einer rechtsstaatlichen Gesinnung, die der Einbürgerungsbehörde nach einem Gespräch bleiben, soll es keinen deutschen Pass mehr geben dürfen. Das bayerische Innenministerium bestätigte einen "Spiegel"-Bericht über einen entsprechenden Gesetzentwurf, erklärte aber, dies sei nicht neu. Bayern wolle die Bundesratsinitiative gemeinsam mit Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Hamburg in die Länderkammer einbringen, schreibt das Magazin.
Quelle: ntv.de