Fachkräftemangel in Deutschland Koalition kündigt Initiative an
28.06.2007, 17:10 UhrDie große Koalition will im Herbst Lösungen für den sich verstärkenden Facharbeitermangel vorlegen. Dazu gehört auch eine nationale Qualifizierungsinitiative. Sie soll bei der nächsten Kabinettsklausur in der zweiten Augusthälfte beschlossen werden. Der Branchenverband Bitkom beklagte, dass 20.000 Stellen in der Informationstechnologie-Branche wegen fehlender Fachkräfte nicht besetzt werden können.
Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) kündigte an, die verstärkte Ausbildung von Jugendlichen solle Vorrang vor weiterer Zuwanderung haben. "Ich möchte nicht, dass es in der Wirtschaft zugeht wie bei vielen deutschen Fußballklubs: Daheim wenig ausbilden und die guten Spieler im Ausland einkaufen", sagte Kauder dem "Handelsblatt". Er forderte die Bundesländer auf, "schulbegleitende Programme" für den Start ins Arbeitsleben zu entwickeln. Zugleich sprach er sich dafür aus, ausländischen Experten in Deutschland eine längerfristige Perspektive zu geben.
Feinjustierung des Zuwanderungsrechts
Nach den Worten von Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) wird die von der Regierung angestrebte Qualifizierungsinitiative deutlich machen, dass Bildung und Ausbildung "die erste Antwort auf den Fachkräftemangel" sind. "Es gibt nicht die Alternative Ausbildung oder Zuwanderung", sagte sie der "Schwäbischen Zeitung". Es gehe aber auch um die Feinjustierung des Zuwanderungsrechts und um einen Konsens bei der Einkommensgrenze für ausländische Spezialisten. Wenn diese aus einem Nicht-EU-Staat kommen, müssen sie mindestens 85.500 Euro pro Jahr für den Erhalt einer Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis verdienen. Schavan nannte als Kompromiss 60.000 Euro.
Kein genereller Fachkräftemangel
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) riet in der Diskussion zur Besonnenheit "Es gibt zurzeit keinen generellen Fachkräftemangel", betonte BA-Vorstand Raimund Becker. Lediglich bei Ingenieuren gebe es in einigen Branchen und Regionen erste Probleme - etwa in der baden- württembergischen Metallbranche. Diese Probleme ließen sich lösen, wenn Unternehmen mehr ältere Ingenieure und weibliche Bewerber einstellten. Mehr Zuwanderung sei kein "Allheilmittel", sondern allenfalls Teil eines Maßnahme-Mixes.
Die von Wirtschaftsverbänden genannte Zahl von 40.000 bis 50.000 fehlenden Ingenieuren nannte Becker zu hoch gegriffen. "Das geben unsere Statistiken nicht her", betonte er. Die Lücke liege allenfalls bei 10 000 bis 12.000. Dem widersprach der IT-Branchenverband Bitkom. Nach seinen Erkenntnissen fehlen allein in der IT-Branche rund 20.000 Fachleute. Der Fachkräftemangel habe sich "dramatisch verschärft". Der Fachkräftemangel entwickle sich zur Wachstumsbremse.
Quelle: ntv.de