Familienzuschlag für Schwule? Koch verklagt Bundeswehr
04.02.2002, 10:32 UhrErstmals will ein Homosexueller in der Bundeswehr für sich und seinen Mann einen Familienzuschlag einklagen. Der 21 Jahre alte Andy Peckruhn hat sich im Oktober in Schwerin trauen lassen. Anders als seine verheirateten Kameraden erhält er aber nun nicht mehr Geld vom Arbeitgeber.
Hätte er eine Frau geheiratet, bekäme er einen Zuschlag von 95,36 Euro (186,51 Mark) im Monat. Da sein Lebenspartner ein Mann ist, gilt Peckruhn für die Bundeswehr weiter als ledig. Grund für ihn zu klagen. Der Bundeswehrverband, Interessenvereinigung der Soldaten, unterstützt den Marine-Koch in dessen Rechtsstreit mit dem Arbeitgeber und stellt ihm einen Anwalt zur Seite. Zu den Aussichten, den Fall zu gewinnen, will der Verband keine Prognose abgeben. "Problematisch ist, dass das Bundesbesoldungsgesetz im Paragrafen 40 eindeutig von 'Verheirateten' spricht, um einen Anspruch auf den Familienzuschlag zu begründen", sagt Rechtsanwalt Michael Wudel vom Besoldungsreferat des Bundeswehrverbandes. Peckruhn darf sich jedoch trotz seiner Hochzeit nicht als verheiratet bezeichnen. "Dem Ausgang des Verfahrens sehen wir mit großer Spannung entgegen", sagt Wudel.
Mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz wurden schwule und lesbische Paare zwar zum Teil mit Verheirateten gleichgestellt - zum Beispiel im Erb-, Namens- und im Unterhaltsrecht. Aber völlig gleich behandelt wie traditionelle Ehepaare werden sie nicht. Im Weg steht der Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes, der Ehe und Familie unter besonderen Schutz stellt.
"Es ist nicht einzusehen, weshalb ihm der Familienzuschlag vorenthalten wird, während seine in Ehe lebenden Kollegen in den Genuss dieses Zuschlages kommen, kommentiert Klaus Jetz vom Lesben- und Schwulenverband den Fall Peckruhn. "Das ist Diskriminierung" sagt der Verbandssprecher. Die knappe Antwort der Bundeswehr: "Der Bundestag hat die besoldungsrechtliche Gleichstellung eingetragener Lebenspartner mit Ehepartnern verworfen."
"Die stehen zu mir"
Andy und Thomas Peckruhn ließen sich ihre Liebe am 1. Oktober 2001 standesamtlich besiegeln - dem ersten Tag, an dem dies in Mecklenburg-Vorpommern möglich war. "Trotz der vielen Formalitäten war es eine Bilderbuchhochzeit", schwärmen sie. Die zwei Marzipan- Männer von der Hochzeitstorte stehen noch im Wohnzimmerregal - im schwarzen Frack und inniger Umarmung. Seine Kameraden in Tarp bei Flensburg hätten mit seiner Schwulen- Heirat keine Probleme. "Die stehen zu mir" sagt Peckruhn.
In Schwerin aber vermeiden er und Thomas, Hand in Hand durch die Straßen zu laufen, "vor allem wegen der Rechten". Nach Zeitungsberichten über die beiden schickte ein Rechtsradikaler einen schwulenfeindlichen Brief in die Kaserne. Der Militärische Abschirmdienst ermittelt. Als Peckruhn seiner Dienststelle mitteilte, dass er verheiratet ist, habe er lapidar zur Antwort bekommen: "Das interessiert uns nicht. Sie sind für uns ledig." Nun läuft ein Beschwerdeverfahren. "Alles läuft auf eine Klage zu", sagt Peckruhn.
Und auf einen interessanten Präzedenzfall. Etwa 17 000 Männer in der Bundeswehr seien schwul, schätzt das Magazin "Eurogay". Diese fünf Prozent entsprächen dem geschätzten Anteil Homosexueller an der Bevölkerung.
Polly Schminke, dpa
Quelle: ntv.de