Geld für Gutverdiener Konjunkturpaket II auf dem Weg
27.01.2009, 08:52 UhrDas Bundeskabinett hat dem zweiten Konjunkturpaket zugestimmt. Am Freitag soll es erstmals im Bundestag beraten und zwei Wochen später bereits beschlossen werden. Anschließend muss der Bundesrat das Paket noch billigen. Das Paket basiert im Wesentlichen auf zwei Säulen: Investitionen in Gebäudesanierung, Straßen und Schienen und eine Entlastung der Bürger bei Steuern und Abgaben.
Besserverdiener werden mit dem zweiten Konjunkturpaket steuerlich deutlich stärker entlastet als Geringverdiener. Das ergab eine Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage des Linken-Finanzpolitikers Axel Troost. Die Entlastung beträgt demnach für Bezieher von Einkommen bis 10.000 Euro (bei Verheirateten bis 20.000 Euro) in diesem und im kommenden Jahr insgesamt 150 Millionen Euro. Die Gruppe derjenigen, die mehr als 53.000 Euro (Verheiratete mehr als 106.000 Euro) verdient, werde dagegen in Höhe von insgesamt 1,45 Milliarden Euro entlastet.
"Die Bundesregierung schenkt den Reichen Milliarden, damit sie einen kleinen Teil davon in die Konjunktur stecken und den Rest in den Sparstrumpf", kritisierte Troost. Das Finanzministerium hält dagegen, dass die Entlastung bezogen auf die bisherige Steuerschuld bei Geringverdienern am größten, bei Besserverdienern am geringsten sei.
"Verantwortbar und geboten"
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) verteidigten die Rekordneuverschuldung des Bundes angesichts der Wirtschaftskrise als unumgänglich. "Das ist eine so außergewöhnliche Lage, dass sie auch außergewöhnliche Maßnahmen erfordert", sagte Merkel nach der Kabinettsentscheidung über das Konjunkturpaket und den Nachtragshaushalt. Die beschlossenen Maßnahmen seien ungeachtet der damit verbundenen Kosten "nicht nur verantwortbar, sondern auch geboten".
Mit dem neuen Konjunkturpaket werde Deutschland seiner internationalen Verantwortung gerecht, sagte Merkel. "Dieses Programm kann sich im europäischen Maßstab und auch im Maßstab weltweit sehen lassen", hob sie weiter hervor. Die Kanzlerin räumte ein, dass dies "einhergeht mit der größten Neuverschuldung", die es bislang in Deutschland gegeben habe. Dies zuzulassen, sei "die schwerste innenpolitische Entscheidung, die ich in meiner Amtszeit zu treffen hatte". Die Maßnahmen sollten aber dafür sorgen, "dass wir die Krise nicht nur durchstehen, sondern dass wir stärker aus ihr herauskommen, als wir hineingegangen sind".
Kein weiteres Paket geplant
Steinbrück sagte, das beschlossene Konjunkturpaket von 50 Milliarden Euro werde in Verbindung mit früheren Maßnahmen im Volumen von noch einmal rund 30 Milliarden Euro "die Rezession nicht verhindern, aber deutlich abmildern können". Forderungen nach einem weiteren Konjunkturpaket wies Steinbrück zurück. Er warnte vor einem möglichen "Kannibalisierungseffekt zu Lasten privater Investitionen". Dieses Problem sei bisher überhaupt noch nicht mit seinen Konsequenzen bedacht worden. "Von daher gibt es in meinen Augen durchaus ein Limit." Er rate allen, "nicht über irgendein weiteres Konjunkturpaket zu reden", erklärte er.
Der in Verbindung mit dem Konjunkturpaket beschlossene Nachtragshaushalt sieht einen Anstieg der Neuverschuldung auf 36,8 Milliarden Euro vor. Das bleibt zwar hinter den Rekordwerten der Vorgängerregierungen knapp zurück. Steinbrück räumte aber ein, dass die Verschuldung de facto höher liege, da ein Teil der Ausgaben in dem Sondervermögen "Investitions- und Tilgungsfonds" verbucht wird. Vorwürfe, dies sei ein "Schattenhaushalt", wies Steinbrück zurück, da alle Zahlen für jedermann einsehbar seien.
Regierungssprecher Ulrich Wilhelm verwies darauf, dass derzeit eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts vorliege. Die Bundesregierung rechtfertigte damit, dass die Neuverschuldung deutlich über den Investitionsausgaben des Bundes liegt, was laut Grundgesetz verboten ist - mit der Ausnahme der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts.
Abwrackprämie wird nicht aufgestockt
Die Bundesregierung will trotz des großen Ansturms der Autofahrer auf die neue Abwrackprämie insgesamt nicht mehr als 1,5 Milliarden Euro ausgeben. Die Regierung sei über das rege Interesse erfreut, es gebe aber keine Überlegungen zur Ausweitung des Volumens, sagte Wilhelm. Bei der Vergabe der Prämie - 2500 Euro für das Verschrotten eines Altautos und den Kauf eines Neuwagens - gilt das Prinzip "So lange der Vorrat reicht". Rein rechnerisch reicht das Geld des Bundes für exakt 600.000 Anträge. Jedoch werden aus den 1,5 Milliarden Euro auch die Verwaltungskosten der Behörden bezahlt.
Der von der Bundesregierung "Umweltprämie" genannte Zuschuss kann jetzt beantragt werden. Nach dem Kabinettsbeschluss über den staatlichen Zuschuss für den Kauf von Neu- und Jahreswagen sowie geleaste Autos gab das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) den Start für die Antragstellung frei. Die Prämie kann rückwirkend für solche Käufe seit dem 14. Januar beantragt werden. Viele Autofahrer haben bereits Verträge mit Autohändlern geschlossen.
Goldreserven wieder im Gespräch
Der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Steffen Kampeter, forderte den Verkauf der deutschen Goldreserven. Die globale Wirtschaftskrise dürfe nicht nur mit neuen Staatsschulden bewältigt werden, sagte Kampeter der Zeitschrift "Cicero". "Ich frage mich, wie groß muss eigentlich die Finanzkrise werden, damit die Gold- und Devisenreserven als Interventionskraft berücksichtigt werden." Die Goldreserven seien ja gerade für den Krisenfall angehäuft worden.
Quelle: ntv.de