Flüchtlingskrise ausgeklammert Kreise: Koalition einigt sich
11.09.2016, 16:56 Uhr
2013 konnten Gabriel, Merkel und Seehofer beim Abschluss ihrer Koalitionsverhandlungen noch gemeinsam Lachen.
(Foto: dpa)
Beim ersten Koalitionstreffen nach der politischen Sommerpause wollen Angela Merkel, Sigmar Gabriel und Horst Seehofer einen Fahrplan bis zur nächsten Bundestagswahl festlegen. Offenbar sind die Parteichefs erfolgreich - abgesehen vom wichtigsten Thema.
Die Parteichefs der großen Koalition haben sich auf einen Fahrplan zur Lösung ihrer strittigen Themen geeinigt, den Flüchtlingsstreit aber ausgeklammert. Es habe Übereinstimmung gegeben, die strittigen Punkte etwa bei der Erbschaftssteuer, der Entgeltgleichheit von Männern und Frauen sowie der Angleichung von Ost-West-Renten in den kommenden Wochen zu lösen, hieß es nach den Verhandlungen von Kanzlerin Angela Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer und SPD-Chef Sigmar Gabriel aus Teilnehmerkreisen. Die Atmosphäre wurde als konstruktiv beschrieben.
Die Vorsitzenden von CDU, CSU und SPD wollen sich demnach Anfang Oktober zu einem weiteren Spitzengespräch treffen, bei dem dann mögliche Entscheidungen getroffen werden könnten. Bis dahin sollen die Fachpolitiker weiter nach Lösungen suchen. Gemeinsam wollen die Koalitionäre auch versuchen, die Hürden bei der Einstufung von weiteren Maghreb-Ländern als sichere Drittstaaten beiseite zu räumen. Bei den meisten Themen ist jedoch auch die Zustimmung der Ländermehrheit notwendig.
In dem Gespräch zwischen Merkel, Seehofer und Gabriel soll der Flüchtlingsstreit keine Rolle gespielt haben. Vor dem Dreier-Treffen hatten Merkel und Seehofer gut zwei Stunden über die allgemeine politische Lage und ihre Auseinandersetzung über den Flüchtlingskurs gesprochen. Dabei hätten beide Seiten zu erkennen gegeben, dass es den Wunsch gebe, die verfahrene Situation zwischen den Unionsspitzen aufzulösen, hieß es. Eine Annäherung beim Streit über die von Seehofer geforderte konkrete jährliche Obergrenze für Flüchtlinge gab es erwartungsgemäß nicht. Merkel lehnt eine solche Festlegung ab.
Attacken gehen weiter
Vor dem Spitzentreffen waren die unionsinternen Streitereien und die Attacken aus der SPD auf die Union weitergegangen. Seehofer sagte am Samstag nach einer CSU-Klausur im oberpfälzischen Schwarzenfeld, er wolle zwar Gemeinsamkeit mit der CDU. "Aber nicht um den Preis, dass wir politische Inhalte der CSU opfern." Zur CSU-Forderung nach einer gesetzlich festgelegten Obergrenze sagte er: "Sie wissen, dass das für uns ein ganz wichtiger Punkt ist, auch für die eigene Glaubwürdigkeit." Rufe nach rhetorischer Mäßigung - auch von Merkel - wies er zurück: "Seit wann ist eine klare Formulierung in der Politik mäßigungsbedürftig?"
Gabriel soll Merkel und Seehofer zudem vor dem Treffen einen Brief geschrieben haben. Nach Angaben der "Bild am Sonntag" schrieb er darin: "Wir müssen den Beweis antreten, dass die Koalition den Willen und die Kraft aufbringt, den Zusammenhalt der ganzen Gesellschaft zu festigen." Gabriels Vorschlag enthält demnach sechs Punkte, die die große Koalition in den nächsten Wochen abarbeiten soll.
Dazu zählen ein schneller Kabinettsbeschluss über das Gesetz für Lohngerechtigkeit, eine zügige Einigung bei der Reform der Erbschaftssteuer, die Angleichung der Renten in Ost und West aus Steuermitteln, die Einführung der Lebensleistungsrente, die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen und eine erneute Mietrechtsreform.
Quelle: ntv.de, chr/dpa