Politik

"2009 wird grün" Künast und Trittin treten an

Renate Künast und Jürgen Trittin führen die Grünen als Spitzenkandidaten in die Bundestagswahl 2009. Bei der gemeinsamen Wahl auf dem Parteitag in Erfurt bekamen die Fraktionsvorsitzende und ihr Stellvertreter 92 Prozent der 515 abgegebenen gültigen Delegiertenstimmen. Es war das erste Mal, dass Spitzenkandidaten der Grünen formell auf einem Parteitag bestätigt wurden.

Mit kämpferischen Reden stimmten Künast und Trittin die Delegierten auf den Wahlkampf ein. "Grün ist stark, Grün gewinnt 2009", rief Künast den Delegierten zu. "Nur starke Grüne sind eine Garantie für Umwelt, Gerechtigkeit und Freiheit", ergänzte Trittin. Nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses warfen beide große, grüne Bälle mit zentralen Wahlkampfthemen in den Saal, die die Delegierten auffingen.

Trittin versicherte zur Spitzenkandidatur beider Politiker, es solle kein Alleingang des Duos werden: "Wir wollen dieses einfach mit Euch machen." Die Wahlkampfthemen lauteten Klima, Gerechtigkeit und Freiheit, sagte Künast. "Was vor 30 Jahren grüne Spinnerei war, ist heute Mainstream." Künast rief die Grünen zu einem entschlossenen Wahlkampf auf: "Wir müssen mit einem anderen Selbstbewusstsein rein- und rausgehen."

Weichen auf grüne Zukunft stellen

Künast kündigte an, die Grünen wollten "die Weichen in diesem Land wieder auf eine grüne Zukunft stellen". Die Klimapolitik dürfe nicht länger SPD-Umweltminister Sigmar Gabriel überlassen werden, der bei der Kfz-Steuer "den Porsche Cayenne ein Jahr steuerfrei stellen will". Trittin sagte, die Grünen würden die Antwort geben auf drei Jahrzehnte Neoliberalismus: "Eine andere Welt ist nötig und eine andere Welt ist möglich und dafür stehen wir Grünen." Der frühere Bundesumwaltminister griff auch die CDU und Bundeskanzlerin Angela Merkel scharf an. Die anstehenden Wahlen müssten zu Volksabstimmungen über den Atomausstieg gemacht werden.

Konsequenz aus Hessen-Debakel

Sowohl Künast wie Trittin erteilten der Festlegung auf einen Koalitionspartner eine Absage. "In Hessen haben wir gesehen: Diese SPD weiß gar nicht, was sie selber will", sagte Künast mit Blick auf den an den Sozialdemokraten gescheiterten Anlauf für eine rot-grüne Minderheitsregierung. "Wer grüne Politik will, muss grün wählen und nicht SPD."

Für die Grünen ist die Wahl von Spitzenkandidaten eine Premiere. In den beiden vergangenen Bundestagswahlen war der damalige Außenminister Joschka Fischer von der Parteiführung als Spitzenkandidat ausgerufen worden. Mit der Nominierung der Spitzenkandidaten rundeten die Grünen ihre personelle Neuaufstellung für das Wahljahr ab. Am Samstag war Cem Özdemir zum neuen Parteichef gewählt werden. Die Ko-Vorsitzende Claudia Roth wurde im Amt bestätigt.

Schmerzliche Niederlage

Eine Niederlage erlitt der Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Fritz Kuhn. Er scheiterte bei der Wiederwahl in den Parteirat. Als Einziger der Führungsriege ist er damit nicht Mitglied des zweithöchsten Entscheidungsgremiums zwischen den Parteitagen.

Kuhn bezeichnete seine Niederlage als "schmerzlich", will aber sein Amt behalten. "Es ist natürlich eine Schwächung. Aber ich habe weiter das Vertrauen meiner Fraktion und werde meine Aufgabe dort weiter wahrnehmen", sagte Kuhn der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" in seiner ersten Stellungnahme nach dem Debakel vom Samstagabend. "Es gehört für mich dazu, dass man Niederlagen akzeptieren muss. Man kann gewinnen, man kann verlieren."

Grüne Neuvermessung

Vor der Wahl ihrer Spitzenkandidaten hatten die Grünen ihre Haltung zu friedenssichernden Militäreinsätzen neu definiert. Die Delegierten beschlossen ein vom Vorstand erarbeitetes flügelübergreifendes Papier zur Friedens- und Sicherheitspolitik. Danach geben die Grünen der zivilen Krisenprävention weiterhin den Vorrang, bewerten angesichts von Kriegen, Bürgerkriegen, ethnischen Säuberungen und Massakern Einsätze des Militärs jedoch neu.

In dem mit breiter Mehrheit gefassten Beschluss heißt es: "Zur Friedenssicherung im Rahmen der Vereinten Nationen (UN) kann Militär zur Gewalteindämmung notwendig sein." Parteichefin Claudia Roth sprach von einer "Neuvermessung nach Rot-Grün und Joschka Fischer". Dennoch: "Grüne Politik bleibt militärkritisch", so Roth. Sie kritisierte ein Ungleichgewicht zwischen militärischem und zivilem Engagement in Afghanistan.

Für Abschaffung der Wehrpflicht

Die Wehrpflicht wollen die Grünen abschaffen und die Bundeswehr in eine Freiwilligenarmee mit einer reduzierten Stärke von rund 200.000 Mann umformen. Die NATO soll in eine multilaterale Sicherheitsarchitektur integriert werden. Diese NATO-kritische Forderung war auf Vorschlag der Grünen Jugend nachträglich in den Leitantrag des Vorstands eingefügt worden. Winfried Hermann verlangte in der Debatte eine schärfere Abgrenzung der Grünen von der NATO und forderte neue Sicherheitsstrukturen jenseits der westlichen Allianz.

Die Grünen müssten "die Krisenprävention ins Zentrum rücken", um einen Beitrag für eine friedlichere Welt zu leisten, sagte die frühere Außen-Staatsministerin Kerstin Müller. "Das Primat für uns haben zivile Lösungen", ergänzte Bundestags-Fraktionschef Fritz Kuhn. Die Grünen-Verteidigungspolitikerin Angelika Beer warnte vor einer Militarisierung der Politik in immer mehr Weltgegenden. Sie bekannte sich aber zugleich zu Militäreinsätzen, um zum Beispiel einen Völkermord zu verhindern.

Quelle: ntv.de

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