Politik

Neue Regierung in Serbien Kurs auf EU

Nach stundenlangen Debatten hat das serbische Parlament die neue Regierung des Landes gewählt. Das Kabinett von Regierungschef Mirko Cvetkovic erhielt am Abend in Belgrad mit 127 Stimmen eine knappe Mehrheit der 250 Abgeordneten. Die Regierungskoalition wird von ehemals erbitterten politischen Gegnern gestellt: Die pro-europäischen Parteien unter Führung des Staatschefs Boris Tadic und die Sozialisten des früheren jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic werden damit zu Koalitionspartnern.

Die neue Regierung strebt rasch in die Europäische Union und will dafür umfassende Strukturreformen angehen "Wir wollen Serbien bis zum Ende der Amtszeit dieser Regierung für die EU bereitmachen", kündigte Cvetkovic an. Die langjährigen Gegner wollen ihre Konflikte beilegen, hatten Tadic und Sozialisten-Führer Ivica Dacic angekündigt. Die USA und die EU hatten den Pakt der bisherigen politischen Intimfeinde begrüßt. Der Bildung der Regierung waren wochenlange Verhandlungen vorausgegangen. Den Sozialisten gelang mit der Aufnahme in die Koalition ein Comeback. Sie stellen nicht nur den Ersten Stellvertretenden Ministerpräsidenten, sondern übernehmen auch die Schlüsselressorts für Infrastruktur und Energie.

Die neue Koalition werde die sehr schwache Wirtschaft ankurbeln und den Lebensstandard der Menschen heben, kündigte der Ministerpräsident an. Dazu sollen die schmalen Rentenbezüge in diesem Jahr um zehn Prozent angehoben werden. Er versprach die Schaffung neuer Arbeitsplätze, die Belebung des Exportes und eine Reform des Bildungssektors. Cvetkovic kündigte als Ziel der Wirtschaftspolitik ein jährliches Wirtschaftswachstum von sieben Prozent an. Serbien wolle enge wirtschaftliche Beziehungen nach Ost und West unterhalten.

Kosovo-Konflikt bleibt

In der Außenpolitik bekräftigte Cvetkovic ein Festhalten am Kosovo, das sich im Februar von Serbien für unabhängig erklärt hat und von den meisten EU-Staaten anerkannt wird. Seine Regierung werde auch weiterhin Geld für die serbische Minderheit im Kosovo bereitstellen, das überwiegend von Albanern bewohnt wird, sagte Cvetkovic.

Opposition unzufrieden

Die Opposition kritisierte das Regierungsprogramm in der stundenlangen Debatte als inhaltsleer. Zudem sei der neue Regierungschef nur eine Marionette von Staatschef Tadic, der über jede Kleinigkeit der neuen Koalition entscheide. "Die Regierungspolitik wird verfassungswidrig von Tadic geführt", sagte Oppositionsführer Milos Aligrudic. Die Regierung hat mit 27 Mitgliedern eine Rekordgröße. Nur auf diese Weise konnten alle elf Regierungsparteien am Kabinett beteiligt werden.

Wichtigste Aufgabe der neuen Regierung sei die Festnahme und Auslieferung von drei Serben, die seit Jahren vom UN- Kriegsverbrechertribunal in Den Haag angeklagt sind, meinten heimische Kommentatoren. Bisher hatten die Sozialisten jedoch solche Festnahmen abgelehnt, weil sie die mutmaßlichen Kriegsverbrecher als Volkshelden verehren.

Zweitwichtigste Aufgabe sei die Belebung der Wirtschaft, beschrieben die Analysten weiter die Lage. Bei galoppierender Inflation, einem ausufernden Außenhandelsdefizit und einem beträchtlichen Fehlbetrag im Staatshaushalt drohe die angekündigte Rentenerhöhung die Probleme völlig aus dem Ruder laufen zu lassen, warnten Wirtschaftsexperten.

Quelle: ntv.de

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