Politik

Von der Leyen muss nachbessern Länder blockieren Hartz-IV-Reform

5 Euro mehr soll es für Hartz-IV-Bezieher geben.

5 Euro mehr soll es für Hartz-IV-Bezieher geben.

(Foto: dpa)

Der Bundesrat wird aller Voraussicht nach heute die Hartz-IV-Reform der Bundesregierung stoppen und das Gesetzt an den Vermittlungsausschuss überweisen. Die Opposition verlangt erhebliche Nachbesserung, vor allem bei den Leistungen für Kinder. Eine Einigung in diesem Jahr wird nicht mehr erwartet.

Im Streit über das vom Scheitern bedrohte Hartz-IV-Paket beginnt die Kompromisssuche bereits heute. Unmittelbar nach der Sitzung des Bundesrates kommt der Vermittlungsausschuss in Berlin zusammen. Das Gremium, dem jeweils 16 Mitglieder der Länderkammer und des Bundestages angehören, will eine Arbeitsgruppe einsetzen, die nach bisherigen Planungen noch vor Weihnachten zweimal tagen soll.

Es ist davon auszugehen, dass das schwarz-gelbe Hartz-IV-Paket mit der Erhöhung des Regelsatzes um 5 auf 364 Euro und dem Bildungspaket für bedürftige Kinder in der Länderkammer keine Mehrheit bekommt. Über das Vorgehen zur Lösung des Konflikts zeigte sich Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen zufrieden: "Es ist eine gute Nachricht für die Kinder, dass nach Wochen der Funkstille endlich alle an den Verhandlungstisch kommen", sagte sie.

SPD bringt Antrag ein

Ohne Zustimmung im Bundesrat kann das Vorhaben bis zum Jahresende nicht in Kraft treten. Damit viele auch die Erhöhung aus. Zunächst muss der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat einen Kompromiss finden, dem dann auch noch beide Parlamente zustimmen müssen.

Die Sozialdemokraten wollen dennoch, dass die Betroffenen mehr Geld bekommen. "Die SPD wird heute in den Bundesrat einen Antrag einbringen, wo beschlossen werden soll, dass der Regelsatz ausgezahlt wird und auch das Bildungspaket", sagte die stellvertretende SPD- Vorsitzende Manuela Schwesig im ZDF. "Und wenn die Länderkammer sagt, für uns ist es völlig unstrittig, dass es fünf Euro gibt und das Bildungspaket, wir wollen bloß über mehr reden und deswegen soll's ausgezahlt werden, ist es rechtlich gesichert, dass auch ausgezahlt werden kann", sagte sie.

Arbeitsministerin von der Leyen muss mit den Ländern einen Kompromiss finden.

Arbeitsministerin von der Leyen muss mit den Ländern einen Kompromiss finden.

(Foto: dpa)

Das lehnt von der Leyen ohne Zustimmung des Bundesrates allerdings ab. "Das geht nicht in einem Sozialstaat", sagte die Ministerin vor Beginn der entscheidenden Sitzung des Bundesrates. Man könne diese Leistungen ohne Gesetzesgrundlage nicht auszahlen. Zugleich zeigte sie sich offen für Verbesserungen am Bildungspaket für bedürftige Kinder. Sie sei "Tag und Nacht zu Verhandlungen bereit". Allerdings müsse die SPD auch sagen, woher das Geld dafür kommen solle. Im Übrigen könne man den Bildungsföderalismus "nicht aus den Angeln heben".

SPD kritisiert Bildungspaket

Schwesig kritisierte das Vorgehen von der Leyens. In selbstherrlicher Art habe sie die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat, die Forderungen der SPD und die Kritik der Fachleute ignoriert. "Anstatt ihre Hausaufgaben zu machen, hat Ursula von der Leyen wochenlang ein Schauspiel um die Chipkarte aufgeführt, die jetzt doch nicht kommt."

Leidtragende seien zwei Millionen Kinder, die in Armut leben. Für die SPD müsse die Hartz-Reform "zwingend mit einem echten Bildungspaket verbunden sein", sagte Schwesig weiter. Dazu gehörten mehr Ganztagsschulen, Eltern-Kind-Zentren und eine bessere Betreuung von Schülern und Eltern. Schwesig: "Mit Geigen- und Reitunterricht per Gutschein - wie Frau von der Leyen sich das vorstellt - kriegen wir das nicht gelöst."

Kompromiss nicht mehr dieses Jahr

Nach Ansicht von Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit werden sich Unions- und SPD-geführte Länder dieses Jahr aber nicht mehr auf einen Kompromiss einigen. Inhaltlich lägen beide Seiten noch weit auseinander. "Deshalb kann ich mir nicht vorstellen, dass noch im Dezember eine Regelung beschlossen werden kann", sagte Wowereit. "Rechtswirksam kann das in diesem Jahr ohnehin nicht mehr werden, weil dafür noch Bundestag und Bundesrat tagen und beschließen müssen."

Dennoch ist die Bundesregierung nach den Worten Wowereits befugt, die "vorgesehenen marginalen Erhöhungen" auszahlen, auch wenn die Hartz-IV-Reform nicht wie vorgesehen zum 1. Januar in Kraft trete. "Rechtlich spricht nichts dagegen." Die Regelsätze müssten um mehr als die geplanten fünf Euro steigen, betonte der Regierende Bürgermeister. Die SPD werde im Vermittlungsausschuss auf eine transparente und nachvollziehbare Berechnung der Regelsätze drängen.

Bürokratiemonster droht

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier forderte von der Leyen auf, die Hilfen für die Kinder aus Hartz-IV-Familien den Kommunen direkt zu überweisen, um die Bürokratiekosten zu drücken. "Eine Reform, die vom ersten Tag an 1300 zusätzliche Stellen bei der Agentur für Arbeit verursacht, kann nicht der große Wurf sein", sagte er der WAZ-Mediengruppe. Wenn die Regierung sich bewege, könne man auch rasch zu Ergebnissen kommen.

Auch die Grünen fordern Bewegung von der schwarz-gelben Koalition, damit eine Regelung zur möglichst bald zustande kommt. Von der Leyen und Bundeskanzlerin Angela Merkel müssten sich Richtung "Bildungsinfrastruktur statt Bürokratie" bewegen, sagte Fraktionschefin Renate Künast. "Wir sind zu Gesprächen bereit."

Der Kernvorwurf Künasts an die Arbeitsministerin: "Sie setzt sich nicht mit der Frage auseinander, wie man Entfaltungsmöglichkeiten durch Bildung herstellt." Die Grünen-Politikerin forderte, "dass bei Investitionen in die Bildungs-Infrastruktur Bewegung reinkommt". Künast verlangte systematische Kooperationen zwischen Schulen und anderen Bildungseinrichtungen. Sie schlug Investitionen in regionale Bildungspartnerschaften zum Beispiel durch zusätzliche Stellen für Sozialarbeiter vor. Zudem müsse die Lohnspirale nach unten durch Mindestlöhne beendet werden.

Quelle: ntv.de, dpa

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