Politik

Taliban-Machtübernahme in Kabul Laschet: Keine pauschale Aufnahme von Flüchtlingen aus Afghanistan

Die Bilder vom Flughafen in Kabul haben CDU-Chef Laschet und viele andere betroffen gemacht. Der Unions-Kanzlerkandidat fordert eine "schnelle europäische und transatlantische Antwort". Eine pauschale Zusage Deutschlands für die Aufnahme afghanischer Flüchtlinge lehnt er indes ab.

Unions-Kanzlerkandidat und CDU-Chef Armin Laschet nennt die derzeitige Lage in Afghanistan das "größte Debakel, das die NATO seit ihrer Gründung erleidet". Es sei erschütternd, mit welcher Geschwindigkeit die Taliban Kabul und andere afghanische Provinzen erobert hätten, sagte er nach einer Sitzung des CDU-Bundesvorstands. Es sei evident geworden, dass "dieses Engagement der internationalen Gemeinschaft nicht erfolgreich war".

Die Bilder vom Flughafen Kabuls hätten viele tief betroffen gemacht. Laschet spricht von einer "politischen und humanitären Katastrophe". Es breche nun die Zeit der Rettung an: "Die Bundeswehr ist vor Ort und muss alles tun, um Menschenleben zu retten".

Nach diesem Rettungseinsatz müsse jedoch über die Ursachen und Schlussfolgerungen gesprochen werden. Es brauche eine "schonungslose Fehleranalyse in Deutschland mit den Verbündeten in der internationalen Gemeinschaft", sagte er weiter.

Der Westen hat eine "moralische Verpflichtung"

Kritik übte Laschet auch an der Europäischen Union: "Wir sehen, die Handlungsfähigkeit Europas ist ohne die USA an unserer Seite nicht gegeben." Deshalb sei die Entscheidung der Vereinigten Staaten, sehr schnell aus Afghanistan abzuziehen, auch mit "unmittelbaren Konsequenzen für die deutsche und europäische Politik und die Bundeswehr" verbunden.

Der Westen habe nun vor Ort die "moralische Verpflichtung" denjenigen zu helfen, "die uns in den vergangenen Jahren geholfen haben und sich für ein freies Afghanistan eingesetzt haben", so Laschet. Viele von ihnen seien noch vor Ort, deshalb sei die von der Bundesregierung begonnene Rettungsaktion "längst überfällig".

Der NRW-Ministerpräsident ließ auch Kritik an der Bundesregierung anklingen, indem er deren Evakuierungsaktion für deutsche Staatsangehörige und afghanische Ortskräfte als "längst überfällig" bezeichnete. Auf die Frage, was dies bedeute, antwortete er: "Längst überfällig heißt längst überfällig." Die Evakuierungsmission sei "eher einer der gefährlicheren Einsätze der Bundeswehr". Laschet forderte daher ein "robustes Mandat" des Bundestags, also eines, das den Schusswaffengebrauch nicht nur zur Selbstverteidigung erlaubt.

Laschet gegen Zusage für Aufnahme afghanischer Flüchtlinge

Ferner sprach sich Laschet für "eine schnelle europäische und transatlantische Antwort" aus. Dafür brauche es "Beratungen auf höchster Ebene und Soforthilfe". Deshalb plädiere er dafür, dass die EU-Außenminister in den nächsten Tagen zu einem Sonderrat zusammenkommen, "um die Lage zu analysieren". Er habe deshalb mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen telefoniert.

Mit Blick auf die humanitäre Lage sagte Laschet, dass man die Fehler von 2015 nicht wiederholen dürfe. "Begonnen hat die Situation 2015 mit dem Rückzug der internationalen Gebergemeinschaft in der Finanzierung von Flüchtlingslagern", betont er. Deshalb müssten nun der UNHCR und alle Institutionen, die rund um Afghanistan humanitäre Hilfe leisten, so unterstützen werden, "dass sich die Menschen nicht erst zu Tausenden auf den Weg nach Europa und Deutschland" machten. Diese "humanitäre Kraftanstrengung" erfordere große Ressourcen, so Laschet.

Zudem sprach er sich die Aufnahme bestimmter gefährdeter Gruppierungen aus Afghanistan aus, lehnte eine pauschale Öffnung für Flüchtlinge nach der Machtübernahme der Taliban aber ab. Als Beispiel nannte er "Frauen, die sich besonders in diesem Afghanistan, das auf Freiheit hoffte, engagiert haben". Das sei etwas wie ein Kontingent. "Aber ich glaube, dass wir jetzt nicht das Signal aussenden sollten, dass Deutschland alle, die jetzt in Not sind, quasi aufnehmen kann", sagte er. "Die Konzentration muss darauf gerichtet sein, vor Ort, jetzt diesmal rechtzeitig - anders als 2015 - humanitäre Hilfe zu leisten.".

Mit Blick auf den damaligen Flüchtlingsstrom nach Deutschland betonte er: "Wir dürfen die Fehler von 2015 nicht wiederholen." Diese hätten begonnen mit dem mangelnden humanitären Schutz in den Flüchtlingscamps des UN-Flüchtlingskommissars. Nötig sei jetzt eine «humanitäre Kraftanstrengung. 2015 waren Hunderttausende Migranten weitgehend unkontrolliert nach Deutschland eingereist. Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock hatte am Wochenende die Aufnahme von Kontingenten afghanischer Flüchtlinge in Europa, den USA und Kanada gefordert - jedoch keine Zahlen genannt.

Quelle: ntv.de, ses/hek/rts/dpa

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